Renaissance der Zackenbahn: eine tschechisch-polnische Erfolgsgeschichte

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Moderner Dieseltriebwagen der Tschechischen Bahnen (ČD) in der Haltestelle Harrachov im Februar 2019. (Foto: Daniel Kortschak)

Von Daniel Kortschak

Schon seit Jahren verbringe ich einen Teil meines Winterurlaubs im böhmischen Isergebirge. Begonnen habe ich damit während meiner Zeit in Prag. Und weil es dort so schön ist, habe ich diese Tradition beibehalten. Dazu trägt auch die erstklassige Erreichbarkeit der Langlaufloipen mit öffentlichen Verkehrsmitteln bei. Eine besondere Erfolgsstory im Verkehrssystem der Region Liberec ist die Bahnstrecke von Liberec über Tanvald nach Kořenov und die anschließende Zackenbahn nach Harrachov und weiter nach Polen. In den späten Neunzigerjahren schon einmal eingestellt, erlebt diese Gebirgsbahn seit einigen Jahren eine beispiellose Renaissance.

Die Zackenbahn im Iser- und Riesengebirge war eine der ersten elektrifizierten Eisenbahnstrecken Deutschlands. Auf der knapp 50 Kilometer langen Gebirgsstrecke von Hirschberg im Riesengebirge (heute Jelnia Góra) nach Polaun/Grünthal (heute Kořenov) gab es mit Jakobsthal (heute Jakuszyce) auch den höchst gelegenen Bahnhof Preußens. Ab 1923 fuhren moderne Elektrotriebwagen über die Strecke. Nach nur 22 Jahren war aber Schluss mit dem modernen Bahnbetrieb: Nach dem Zweiten Weltkrieg endete der Verkehr über die neue Staatsgrenze zwischen Polen und Tschechien. Die elektrische Oberleitung wurde abgebaut und ging als Reparationsleistung in die Sowjetunion. Einzelne verrostete Masten blieben über über Jahrzehnte ungenützt im Wald stehen: quasi als Mahnmal für den Untergang der Verbindung in der Folge des verheerenden Weltkriegs.

Tschechisch-polnischer Gebietstausch

Auf tschechischer Seite lief der Betrieb zunächst nur bis in den früheren preußisch-österreichischen Grenzbahnhof Kořenov (Polaun/Grünthal) weiter : Auf der einzigen Zahnradbahn des Landes blieb der regelmäßige Personen- und Güterverkehr aufrecht. Ein Gebietstausch zwischen Polen und der Tschechoslowakei im Jahr 1958 sorgte dafür, dass die in Polen gelegenen Haltestelle Tkacze (früher Strickerhäuser, heute Harrachov) für die Anbindung des bekannten tschechischen Wintersportortes Harrachov genützt werden konnte. Nach Instandsetzung der Strecke und des imposanten Iserviadukts fuhren ab 1963 wieder Züge bis zur jetzt in Tschechien gelegenen Bahnstation Harrachov. Daran sollte sich bis in die 1990er-Jahre nichts ändern.

Auf polnischer Seite fuhren zunächst einzelne Züge bis Jakuszyce, die aber kaum frequentiert waren: Die gleichnamige Siedlung auf dem Neue-Welt-Pass an der Grenze zu Tschechien besteht nur aus einigen verstreuten Häusern. Zuerst noch bis zur Siedlung Huta unterwegs, endeten die polnischen Personenzüge schließlich für viele Jahre im Bahnhof Szklarska Poręba Górna. Der Wintersport- und Sommerfrischeort mit knapp 7000 Einwohnern sorgte für ausreichende Fahrgastfrequenz, in der Hauptsaison kommen hier auch Schnell- und Nachtzüge aus vielen Teilen Polens an, unter anderem aus Warschau.

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Die stillgelegte Zackenbahn zwischen Harrachov und Jakuszyce im Jahr 2006. (Foto: Thalion 77 / Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Einige Jahre nach der politischen Wende in Polen und der Tschechoslowakei begannen sich in den 1990er-Jahren schließlich Eisenbahnfans für die seit fast vier Jahrzehnten brachliegende Strecke zu interessieren. Die Enthusiasten machten die zugewucherten Gleise sogar wieder provisorisch befahrbar und führten einzelne Sonderzüge über die Grenze. An einen planmäßigen Betrieb war aber nicht zu denken. Im Gegenteil: Im Herbst 1997 stellten die Tschechischen Bahnen die frühere Zahnradbahnstrecke Tanvald – Kořenov ein. Den Verkehr sollten Busse übernehmen, die direkt ins Zentrum des Touristenortes fuhren. Eine Privatbahn versuchte den Betrieb zu übernehmen, musste aber nach wenigen Monaten aufgeben. Auch die geplante Wiederaufnahme des grenzüberschreitenden Verkehrs nach Polen kam nicht zu Stande. Schließlich übernahmen wieder die Tschechischen Bahnen den Verkehr nach Harrachov. Hinzu kamen die Nostalgiefahrten mit den historischen Zahnradbahnloks im Sommer. Auch Pläne für einen Wiederaufbau der Strecke nach Polen wurden fortan wieder geschmiedet. Sie verliefen im Sand. „Kein Bedarf“, hieß es von Politikern auf beiden Seiten der Grenze. „Wer sollte mit diesen Zügen fahren?“ So blieb es beim saisonal sehr unterschiedlich dichten Betrieb in die entlegene Haltestelle Harrachov und den Sonderzugfahrten. Die Gleise Richtung Polen blieben ungenützt, die Fahrleitungsmasten rosteten weiter vor sich hin.

EU-Beitritt sorgt für Bewegung

Bewegung in die Sache kam erst wieder mit dem EU-Beitritt von Polen und Tschechien im Jahr 2004: Jetzt winkten Fördergelder für den Wiederaufbau der Strecke. Dennoch blieb die Skepsis über den Nutzen eines grenzüberschreitenden Bahnbetriebs. Doch 2008 war es schließlich so weit: Auf Betreiben von Eisenbahnfreunden und der sehr bahnfreundlichen Regionalregierung von Liberec wurde mit Polen der Wiederaufbau der Strecke vereinbart. Zwei Jahre später fuhr der erste Sonderzug für geladene Gäste über die Grenze bis nach Szklarska Poręba Górna. Doch der planmäßige Personenverkehr scheiterte zunächst an rechtlichen und technischen Hürden: Das polnische Eisenbahnamt bestand auf einem direkten Telefonkabel zwischen dem Fahrdienstleiter in Tanvald und seinem Kollegen in Szklarska Poręba Górna. Schließlich genügten dann doch das öffentliche Telefonnetz und Mobiltelefone als Rückfallebene. Ab Ende August 2010 fuhren dann endlich moderne polnische Dieseltriebwagen von Kořenov nach Szklarska Poręba Górna. Betreiber auf tschechischer Seite war die Privatbahn Viamont Regio: die staatlichen Tschechischen Bahnen hatten nach wie vor kein Interesse am Betrieb über die Grenze. Es musste in Kořenov oder Harrachov umgestiegen werden, durchgehende Fahrkarten gab es keine. Und bei der Rückfahrt aus Polen konnte nur mit polnischen Złoty bezahlt werden. Trotz dieser wenig fahrgastfreundlichen Lösung waren die Züge gut besetzt. Vor allem im Winter zog es zahlreiche Langläufer in das große nordische Skisportzentrum Jakuszyce mit seinen vielen Kilometern Langlaufloipen.

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Dieseltriebwagen der polnischen Regionalbahn Koleje Dolnośląskie (Niederschlesische Bahnen) in der Haltestelle Szklarska Poręba-Jakuszyce im Jänner 2011. (Foto: Daniel Kortschak)

Dennoch verschwanden die modernen polnischen Triebwagen bald wieder von der Strecke: Sie wurden auf anderen Strecken in Polen gebraucht. Fortan fuhren betagte Nebenbahntriebwagen der Reihe 810 von Kořenov nach Szklarska Poręba Górna. Die von der inzwischen in GW Train Regio umbenannten tschechischen Privatbahn in der Slowakei aufgetriebenen Fahrzeuge genügten dem starken Andrang kaum. Wieder auf Betreiben der Region Liberec wurde ein Konzept für durchgehende Züge von Liberec über Tanvald und Harrachov nach Szklarska Poręba Górna erarbeitet. Dazu musste allerdings die eingleisige Haltestelle Harrachov zur Ausweiche erweitert werden, damit sich die Züge dort begegnen können. Das war erstaunlich schnell geschafft.

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Triebwagen der tschechischen Privatbahn GW Train Regio in der Haltestelle Szklarska Poręba-Jakuszyce im März 2015. (Foto: Daniel Kortschak)

Seit 2015 fahren die modernen tschechischen „Regio Spyder“-Triebwagen durchgehend von Liberec über Tanvald und Harrachov nach Szklarska Poręba Górna. Auch das tschechische Zugpersonal ist dabei durchgehend an Bord. Dazu mussten Schaffner und Lokführer extra Polnischkurse absolvieren. Selbstverständlich werden auch durchgehende Fahrkarten angeboten und das zu einem Vorteilspreis. Die Bezahlung ist in Tschechischen Kronen, Polnischen Złoty und Euro möglich. Damit ist auch das Feilschen mit dem bisweilen sehr ruppigen polnischen Zugpersonal entfallen, das bei Zustieg in Polen auf die Bezahlung mit Złoty bestanden hatte. Und das bitte möglichst genau in Münzen. Wehe, man hatte nur Kronen oder einen größeren Złoty-Schein dabei. Da mussten sich dann die Fahrgäste selbst mit dem Wechseln aushelfen. Jetzt verkauft das freundliche tschechische Zugpersonal die Fahrkarten in allen drei Wäahrungen direkt im Zug, auch Tipps, wo man am besten seine Langlauf- oder Wandertour starten kann, haben die Schaffner der Tschechischen Bahnen (ČD) stets parat.

Volle Züge und immer dichterer Fahrplan

Das gute Angebot zeigt Wirkung: Die Züge sind ausgesprochen stark frequentiert, an den Wochenenden in der Hauptsaison fahren bis zu drei zusammengekuppelte Triebwagen auf der Zackenbahn. Und der Fahrplan ist bisher jedes Jahr ausgeweitet worden: Inzwischen fahren die Züge in der Winter- und Sommerhauptsaison nahezu den ganzen Tag über im Stundentakt. Trotzdem stoßen die Triebwagen häufig an ihre Kapazitätsgrenzen, vor allem an schönen Wochenenden wird’s mitunter ordentlich eng in den Zügen. Das hätten sich vor 15 Jahren wohl die größten Optimisten nicht vorzustellen gewagt. Und die Kritiker, die die Reaktivierung der grenzüberschreitenden Zackenbahn als Eisenbahnspielerei auf Kosten der Steuerzahler und gewaltige Fehlinvestition abtun wollten, sind eines Besseren belehrt worden.

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Trotzdem: Nichts ist perfekt. Etwa die Haltestelle Szklarska Poręba Jakuszyce, heute mit 886 m die höchstgelegene Bahnstation Polens: Sie befindet sich einige Hundert Meter abseits des großen nordischen Skistadions mit seinen Geschäften, Imbissständen und Garderoben und besteht nur aus einer schlichten Holzhütte. Dabei führt die Bahnstrecke direkt am nordischen Zentrum vorbei und es wäre wohl genug Platz für eine Haltestelle vorhanden. Viel fahrgastfreundlicher präsentiert sich da die Haltestelle Harrachov auf der tschechischen Seite: Es gibt einen sauberen Warteraum und im ehemaligen Gepäckschalter ist ein Buffet eingerichtet: Dort gibt’s den ganzen Tag über kleine Speisen sowie kalte und warme Getränke. Auch einige Tische und Sessel sind in dem liebevoll eingerichteten und sehr gepflegten Bahnhofsbuffet vorhanden. Im Sommer lädt ein kleiner Gastgarten direkt am Bahnsteig zum Verweilen ein. Und für den Anschluss an den einige Kliometer weiter unten im Tal gelegenen Wintersportort Harrachov sorgt eine eigene Buslinie, die selbstverständlich auf die aus Liberec und Polen ankommenden Züge wartet.

Tolles Öffi-Angebot für Wintersportler

Auch an anderen Stellen reagiert die Region Liberec sehr flexibel auf die hohe Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsverbindungen: Das Langlaufzentrum Bedřichov oberhalb der Kreishauptstadt Liberec erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Schon vor einigen Jahren ist deshalb die Stadtbuslinie 18 bis zum nordischen Stadion verlängert worden. Sie ergänzt die regionalen Skibuslinien und die Stadtlinien aus der Nachbarstadt Jablonec nad Nisou. Trotzdem kommen viele Wintersportler mit dem Auto. An schönen Tagen sind deshalb schon ab den frühen Morgenstunden alle Parkplätze besetzt. Entlang der schmalen Straße parkende Langläufer und Autofahrer auf Parkplatzsuche sorgen dann regelmäßig für ein Verkehrschaos, in dem dann auch die Busse steckenbleiben. Anfang 2019 ist der Skibusverkehr massiv ausgeweitet worden: An Wochenenden fahren die von der Region finanzierten Busse im Halbstundentakt. Und die Polizei hindert Autofahrer daran, die Straßen zu verstopfen. Sie müssen im Zweifelsfall unten in LIberec parken und mit dem Skibus zur Loipe fahren.

Ein ähnliches Problem zeigte sich am Berggasthaus Smědava, wo sich ebenfalls ein beliebter Einstiegspunkt für Langläufer in die Isergebirgsmagistrale befindet. Auch dorthin ist der Busverkehr jetzt massiv ausgeweitet worden, neben einem deutlich verdichteten Takt werden einzelne Buskurse außerdem mit zwei Fahrzeugen geführt. Wegen das chronischen Mangels an Busfahrern in ganz Tschechien stellt das für die Region und die Busunternehmen eine große Herausforderung dar. Eine Herausforderung, die sich aber bezahlt macht: Die zusätzlichen Fahrten werden sehr gut angenommen, nicht zuletzt wegen der guten Abstimmung auf die im Bahnhof Hejnice ankommenden Regionalzüge. Wird dort jetzt noch die Bushaltestelle wie geplant direkt an den Bahnhof verlegt, ist die Verbindung perfekt.

Diese Beispiele aus der seit Jahren besonders um den Ausbau des öffentlichen Verkehrs bemühten Region Liberec zeigen: So schaut ein gutes Öffi-Angebot aus. Günstig, praktisch und fahrgastfreundlich. Und die Kunden nehmen es begeistert und in großer Zahl an.

Der Weg nach Liberec mit Öffis ist weit

Schon etwas weniger einfach ist allerdings die Anreise von Österreich nach Liberec: Es ist die einzige der 13 tschechischen Regionalhauptstädte, die keine direkte Zugverbindung mit Prag hat. Von Wien bietet sich die Fahrt mit dem Railjet bis Pardubice und dann weiter mit dem Schnellzug nach Liberec an. Einigermaßen unattraktiv ist dabei allerdings die fast einstündige Umsteigezeit. Wenigstens gibt es im großen Knotenbahnhof Pardubice mehrere Cafés, Kioske und auch noch ein einigermaßen gepflegtes Bahnhofsrestaurant, wo man die Wartezeit gut verbringen kann. Auch die anschließende fast drei Stunden lange Fahrt mit dem Dieselschnellzug verlangt einem einiges an Geduld und Sitzfleisch ab. Die schöne und immer gebirgiger werdende Landschaft, die dabei vor den Fenstern vorbeizieht, entschädigt aber für die lange Fahrt.

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Dieselschnellzug nach Pardubice im Bahnhof Liberec im Februar 2018. (Foto: Daniel Kortschak)

Noch etwas umständlicher ist die Fahrt von Linz nach Liberec: Die Anschlüsse im Prager Hauptbahnhof passen überhaupt nicht zusammen, zudem ist die Bahn auf der Strecke Prag – Liberec mit einem Umstieg in Turnov mehr als doppelt so lange unterwegs wie der direkte Fernbus. Die von der Fahrplanauskunft vorgeschlagene Bahnfahrt von Linz via Wien und Pardubice ist ein ebenso großer, zeitraubender und teurer Umweg wie die ebenfalls angebotene Reise via Ústí nad Labem. Als praktikabelste Lösung erweist sich noch die Bahnfahrt mit einem der vier direkten Züge Linz – Prag und die Weiterfahrt nach Liberec mit dem Fernbus. Das bedeutet freilich, dass man vom Prager Hauptbahnhof zum Busbahnhof Černý most am östlichen Stadtrand muss. Eine Fahrt, die mit der U-Bahn gut 25 Minuten dauert und einen beschwerlichen Umstieg zwischen den Linien C und B bedeutet.

Auf der lukrativen Busverbindung Prag – Liberec liefern sich seit einiger Zeit der etablierte einheimische Betreiber Regiojet (früher: Student Agency) und der deutsche Fernbus-Multi Flixbus einen erbitterten Konkurrenzkampf. Das bringt den Fahrgästen günstige Preise und einen dichten Fahrplan. Zumindest so lange, bis einer der beiden Konkurrenten aufgeben muss. In Sachen Komfort hat Regiojet eindeutig die Nase vorne. Die Scania- und Volvo-Busse mit Irizar-Aufbau lassen keine Wünsche offen: Jeder Sitzplatz hat einen eigenen Bildschirm, Kopfhörer gibt’s an Bord zum Ausleihen. Im Fahrpreis inbegriffen ist neben der Sitzplatzreservierung auch eine Zeitung und ein heißes Getränk. Betreut werden die Fahrgäste von einer Stewardess. Zumindest in den meisten Verbindungen. Denn wegen des in Tschechien inzwischen allgegenwärtigen Arbeitskräftemangels werden einige Buskurse ohne Begleitpersonal geführt. Das ist im Fahrplan vermerkt und die Fahrkarten für diese Verbindungen sind um ein paar Kronen billiger. Dafür gibt’s dann kein Heißgetränk. Bei einer Fahrzeit von gerade einmal einer Stunde ist das zu verschmerzen. Der Transport von großen Gepäckstücken und Skiern ist bei Regiojet auch kein Problem: Der kleine Aufpreis von umgerechnet gerade einmal 80 Cent für ein paar Skier ist wirklich kein Thema. Und wenn man das Sperrgepäck schon beim Kauf der Fahrkarte anmeldet, kann man sicher sein, dass auch genug Platz dafür vorhanden ist. Sehr praktisch ist auch die Möglichkeit, die Busfahrkarten bis 15 Minuten vor der Abfahrt zu stornieren oder umzubuchen. Und das kostenlos.

Brauchbare Bahnverbindung Linz – Prag

Die Bahnfahrt von Linz nach Prag ist mit den vor einigen Jahren eingeführten durchgehenden Expresszügen ebenfalls stressfrei zu bewältigen. Eher unpraktisch ist allerdings die Fahrplanlücke von 6.35 Uhr bis 11.52 Uhr, die die Flexibilität stark einschränkt. Und dass der Frühzug ab Linz bis zur tschechischen Grenze als S-Bahn geführt wird und in allen Stationen hält, trübt den Reisekomfort auch deutlich. Hinzu kommen häufige Bauarbeiten mit Schienenersatzverkehr auf der Strecke. Vor allem in Tschechien kommt da auf die Fahrgäste heuer einiges zu: Wegen des fortschreitenden Ausbaus der Strecke Budweis – Prag zur modernen Hochleistungsstrecke gibt es immer wieder längere Sperren, die zum Teil auch recht kurzfristig erfolgen. Mich hat es auf der Rückfahrt von Liberec ebenfalls getroffen. Zum Glück hat mich die hervorragende App der Tschechischen Bahnen (ČD) rechtzeitig über den Schienenersatzverkehr und die vorverlegte Abfahrt in Prag informiert. Auch die Zugchefin hat mich bei der Fahrkartenkontrolle noch einmal ausführlich über die Sperre informiert. Der Schienenersatzverkehr selbst war – wie in Tschechien üblich – hervorragend organisiert: Für die vielen Reisenden an diesem Freitagmittag standen nicht weniger als zehn Ersatzbusse bereit. Fahrräder, Kinderwagen und sperrige Gepäckstücke wurden mit extra Lieferwagen transportiert. Dank der sportlichen Fahrweise der Buslenker hielt sich auch die Verspätung in Grenzen. Da sollten sich einige andere europäische Bahnen einmal anschauen, wie man einen Schienenersatzverkehr reibungslos und so kundenfreundlich wie möglich organisiert.

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Busse und Lieferwagen des Schienenersatzverkehrs im Bahnhof Chotoviny. (Foto: Daniel Kortschak)

Dank dieser intensiven Bauarbeiten wird sich die Fahrzeit von Budweis nach Prag in ein paar Jahren noch weiter verkürzen. Davon profitieren dann natürlich auch die Fahrgäste auf der Strecke Linz – Prag. Auch wenn der Ausbau der Strecke auf de österreichischen Seite leider noch viele Jahre auf sich warten lassen wird. Eine weitere Verbesserung erwartet die Fahrgäste auf dieser Strecke schon heuer im Dezember: Die vier durchgehenden Zugpaare Linz – Prag sollen einen Bistrowagen bekommen. Er ersetzt die bisher nur zwischen Budweis und Prag angebotene Minibar. Da wird sich dann wohl auch der eine oder andere oberösterreichische Pendler ein gutes und günstiges tschechisches Feierabendbier und vielleicht sogar ein schnelles Gulasch dazu genehmigen.

Graz – Maribor: So vertreibt die Bahn die letzten Fahrgäste

Spielfeld

Das Zuglaufschild sagt schon alles: Die Bahnverbindung Graz – Maribor ist auf dem Niveau der Siebzigerjahre stecken geblieben. Bestenfalls. – Foto: Daniel Kortschak

Von Daniel Kortschak

Die Fahrt mit der Bahn von Graz ins kaum 70 Kilometer entfernte Maribor ist nur etwas für absolute Bahnliebhaber. Und selbst die verzweifeln am schlechten Fahrplan und der miserablen Betriebsführung.

Von Graz in die slowenische Partner- und Nachbarstadt Maribor (Marburg an der Drau) sind es gerade einmal 67 Kilometer. Über die Autobahn dauert die Fahrt um die 50 Minuten. Trotzdem habe ich mich am ersten Septemberwochenende dazu entschieden, den Tagesausflug mit dem Zug zu absolvieren. Es war eines der stärksten Rückreisewochenenden dieses Sommers angesagt und wegen der trotz Schengen seit Jahren wieder durchgeführten Grenzkontrollen waren lange Wartezeiten in Spielfeld zu befürchten. Hinzu kommt die slowenische Autobahnvignette, die für eine Woche stolze 15 Euro kostet. Genau so viel wie die Hin- und Rückfahrt mit der Bahn. Und nicht zuletzt kann man als Bahnreisender mit ruhigem Gewissen das eine oder andere Krügel Bier oder ein, zwei Gläser des hervorragenden lokalen Weins trinken.

Die Hinfahrt mit dem Eurocity 151 „Emona“ Wien – Ljubljana mit Sommer-Kurswagen nach Rijeka verläuft problemlos. Dass die Abfahrtsverspätung von wenigen Minuten in Graz am Hauptbahnhof weder angezeigt noch angesagt wurde, fällt unter die Kategorie Schönheitsfehler. Und für einigermaßen zuverlässige Verspätungsauskünfte gibt‘s ja zum Glück die ÖBB-Smartphone-App „Scotty“. Im gepflegten Speisewagen der Slowenischen Eisenbahnen (SŽ) verläuft die Fahrt bei einem ausgezeichnetem Kaffee aus der großen Espressomaschine besonders angenehm. Und mit einer Fahrzeit von 58 Minuten ist der Schnellzug im Vergleich zum Auto so einigermaßen konkurrenzfähig. Würde endlich der aufwändige und 12 Minuten in Anspruch nehmende Lokwechsel im Grenzbahnhof Spielfeld-Straß wegfallen, stünde der Zug im Vergleich zum Auto sogar sehr gut da. Die entsprechenden Mehrsystem-Loks, die neben dem österreichischen Wechselstrom auch den bei der slowenischen Bahn üblichen Gleichstrom verkraften, sind sowohl bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) als auch bei den Slowenischen Eisenbahnen (SŽ) längst vorhanden. Sie fahren auch regelmäßig mit internationalen Schnellzügen von Ljubljana bis Villach und darüber hinaus. Zwischen Graz und Maribor scheitert der Einsatz dieser Maschinen der ÖBB-Reihe 1216 und ihrer slowenischen Schwestern der Reihe 541 aber am schlechten Zustand der Strecke und insbesondere der nördlichen Bahnhofseinfahrt von Maribor. Wir kommen trotzdem einigermaßen pünktlich in Maribor an und verbringen in der zweitgrößte Stadt Sloweniens einen entspannten Tag mit Einkäufen, einem Ausstellungsbesuch und Speis und Trank.

Bahn fahren zum Abgewöhnen

Schnell dahin ist diese positive Stimmung allerdings dann bei der Rückfahrt am Abend: Um möglichst viel Zeit in Maribor verbringen zu können, haben wir uns für die letzte Verbindung mit der Abfahrt um 19.40 Uhr entschieden. Die besteht aus einem slowenischen Regionalzug bis Spielfeld-Straß, wo man in die steirische S-Bahn-Linie S5 nach Graz umsteigen muss. Weil beide Züge an jeder Station halten, ist man eine Stunde und 19 Minuten unterwegs, acht Minuten Umsteigezeit im Grenzbahnhof inklusive. Eine halbe Stunde langsamer als mit dem Auto. Das ist viel, aber gerade noch erträglich. Als wir gegen 19.30 Uhr den Bahnhof Maribor erreichen, hätten wir beinahe noch den Eurocity 150 „Emona“ nach Wien erreicht. Er sollte zwar schon um 18.20 in Maribor abfahren, hat aber über eine Stunde Verspätung, weil auf die Reisenden aus Rijeka gewartet werden musste: Die Slowenischen Eisenbahnen sind einmal mehr auf die glorreiche Idee gekommen, ausgerechnet an einem starken Reisewochenende zwischen Rijeka und Ljubljana  einen Schienenersatzverkehr wegen Bauarbeiten einzurichten. Im dichten Urlauberverkehr kann der Bus selbst die mehr als großzügigen Fahrzeiten des Zuges nicht annähernd halten, was vor allem an den schleppenden bis schikanösen Kontrollen der slowenischen Polizei an der kroatisch-slowenischen Grenze liegt. So wird die Fahrt im Ersatzbus schnell zum Abenteuer mit ungewissem Ausgang, wie ich das im Mai dieses Jahres selbst erleben musste. Ein weiterer Grund für häufige Verspätungen sind derzeit Bauarbeiten auf der Strecke zwischen Ljubljana und Maribor.

So gesehen schien der Regionalzug die bessere Wahl gewesen zu sein: Der innen frisch modernisierte und außen erstaunlicher Weise nicht mit Graffiti verzierte Dieseltriebwagen der Reihe 715 setzt sich pünktlich in Bewegung. Warum die SŽ lieber mit einem Dieslefahrzeug auf der durchgehend elektrifizierten Strecke von Maribor nach Spielfeld fahren, während am Nachbargleis ein elektrischer Triebwagen der Baureihe 312 arbeitslos abgestellt steht, bleibt wohl das Geheimnis der Geschäftsleitung. Aber gut, Hauptsache, wir fahren. Und das sogar recht zügig, weil Teile der Strecke Maribor – Spielfeld inzwischen zumindest oberflächlich saniert worden sind. Im Bahnhof Pesnica ist dann die Fahrt allerdings für längere Zeit zu Ende. Auch wenn es die slowenische Zugchefin es für nicht der Mühe wert hält, die immerhin 10 Fahrgäste über den Grund der Verzögerung zu informieren, wird schnell klar, warum wir in diesem gottverlassenen Bahnhof so lange stehen: Wir warten auf den verspäteten EC 159 „Croatia“ Wien – Zagreb, der wiederum in Spielfeld-Straß auf die slowenische Lokomotive und das Lok- und Zugpersonal aus dem schwer verspäteten EC 150 warten musste.

Als es dann nach einigen Minuten weitergeht, bin ich noch zuversichtlich, dass wir den Anschluss nach Graz trotzdem erreichen. Vielleicht holen wir ja auch die eine oder andere Verspätungsminute wieder auf. Und tatsächlich, der slowenische Lokführer gibt ordentlich Gas, der Dieselmotor heult auf. Doch als wir dann kurz vor der Einfahrt nach Spielfeld-Straß noch einmal zum Stehen kommen, schwindet die Hoffnung auf eine pünktliche Ankunft in Graz. Und tatsächlich: Als wir einige Minuten später in Spielfeld-Straß einfahren, ist die S-Bahn Richtung Graz gerade abgefahren. Informiert werden die Fahrgäste darüber zwar nicht, der bis auf den gerade angekommenen slowenischen Triebwagen leere Bahnsteig lässt aber keinen Zweifel offen: Die ÖBB haben den Anschluss tatsächlich nicht abgewartet. Und ein Blick auf den Abfahrtsmonitor bestätigt das, was wir schon befürchtet haben: Der nächste Zug nach Graz fährt tatsächlich erst in einer Stunde.

Fahrgastrechte – was ist das?

Gemäß den allgemeinen Geschäftsbedingungen der ÖBB und der EU-Fahrgastrechte-Verordnung hätten die gestrandeten Fahrgäste jetzt eigentlich Anspruch auf Getränke und Snacks. Doch die Dame im ÖBB-Callcenter, die nach etwa 10 Minuten Warteschleifenmusik mit den forschen Worten „Kundenservice, bittesehr!“ abhebt, will davon nichts wissen. „Was soll ich jetzt machen? Schreiben Sie eine E-Mail.“ Ihr Kollege, den ein anderer wütender Reisender kurz darauf kontaktiert, ist wenigstens ein wenig freundlicher. Er weist aber jede Verantwortung für den nicht abgewarteten Anschluss von sich. Das sei einzig und alleine die Schuld der Slowenischen Eisenbahnen. Die ÖBB wüssten gar nicht, wann der slowenische Zug im Grenzbahnhof ankomme. Und die slowenische Zugchefin hätte melden müssen, dass es umsteigende Fahrgäste Richtung Graz gibt. Das kann man glauben, muss man aber nicht: Schließlich war auch die Rückfahrt des slowenischen Regionalzugs Richtung Maribor schon bei unserer Ankunft in Spielfeld auf dem Abfahrtsmonitor mit einigen Minuten Verspätung angekündigt. Irgendwo muss diese Info also doch bei den ÖBB angekommen sein. Und dass bei diesem Zug niemand umsteigt, dürfte am Samstagabend wohl auch eher unwahrscheinlich sein. Besonders ärgerlich: Die geschätzten vier bis fünf Minuten, die die S-Bahn Richtung Graz hätte warten müssen, hätte sie mit ziemlicher Sicherheit leicht wieder aufgeholt. Erst recht mit dem besonders spurtstarken Cityjet-Triebwagen. Und tatsächlich haben wir dann sowohl in Leibnitz als auch in Wildon länger auf die planmäßige Abfahrtszeit gewartet, der Fahrplan scheint also ziemlich viel „Luft“ zu haben.

Die fast einstündige Wartezeit im Bahnhof Spielfeld-Straß ist jedenfalls kein besonderes Vergnügen. Immerhin gibt es einen geöffneten und einigermaßen sauberen Warteraum sowie einen Kaffee-, einen Getränke- und einen Süßwarenautomaten. Ich bin schon sehr neugierig, ob mir die ÖBB die 2,20 Euro für die gekaufte Limonade tatsächlich zurückerstatten. Gemäß ihren AGB und der EU-Fahrgastrechte-Verordnung müssten sie. Anspruch auf Erstattung von 25 Prozent des Fahrpreises hätte ich theoretisch auch. Allerdings ist der Erstattungsbetrag bei einem Fahrpreis von nur 7,50 Euro unter der magischen Grenze von vier Euro – darunter wird nichts ausbezahlt.

Andere Länder machen’s besser

Fazit dieser kurzen und trotzdem mehr als verunglückten Bahnreise: Während in anderen Teilen Europas längst moderne Triebwagen im Taktverkehr in benachbarte Regionen fahren und sich dabei auch von verschiedenen Strom- und Zugsicherungssystemen nicht bremsen lassen, ist die Zugverbindung zwischen den gerade einmal 67 Kilometer voneinander entfernten Großstädten Graz und Maribor fast 15 Jahre nach dem EU- und gut zehn Jahre nach dem Schengen-Beitritt Sloweniens immer noch auf einem mehr als bescheidenen Niveau: Die großen Taktlücken im Fahrplan gepaart mit diversen, schwer zu überblickenden Verkehrseinschränkungen an Ferien- und Feiertagen dies- und jenseits der Grenze sowie der zeitraubende Lokwechsel oder Umsteigezwang an der Grenze machen nicht wirklich Lust, mit der Bahn von Graz nach Maribor zu fahren. Wenn die Fahrzeit von Tür zu Tür wie in meinem Fall durch Verspätungen und miserable Öffi-Anschlüsse am Grazer Hauptbahnhof dann im Vergleich zum Auto beinahe auf das Dreifache ansteigt, kommt wohl selbst der eingefleischteste Bahnfan ins Nachdenken, ob er den nächsten derartigen Ausflug nicht doch mit dem Auto unternimmt.

Was für eine gutes Argument für all jene Sparmeister, die schwach besetzte Zugverbindungen lieber heute als morgen streichen würden. Dabei können dichte Fahrpläne gepaart mit modernen Fahrzeugen und einfachen, günstigen Tarifen selbst in viel abgelegeneren Grenzregionen für einen erstaunlich hohen Fahrgastandrang sorgen. Ein gutes Beispiel dafür ist etwa die nach Jahrzehnten des Dornröschenschlafs vor einigen Jahren wiedereröffnete Strecke vom tschechischen Harrachov (Harrachsdorf) ins polnische Szklarska Poręba (Schreiberhau): Dort wird jedes Jahr der Fahrplan weiter verdichtet, um der großen Nachfrage gerecht zu werden. Auch im kommenden Jahr werden zusätzliche Züge auf der sogenannten Zackenbahn fahren. Ich freue mich schon jetzt auf den nächsten Winterurlaub im Riesen- und Isergebirge.

Im Ersatzbus von Rijeka zurück Richtung Linz: ein wahres Reise-Abenteuer

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Ersatzbus Rijeka – Ljubljana vor der Abfahrt im Bahnhof Rijeka.

Von Daniel Kortschak

Nach der problemlosen Anreise, einer Woche Urlaub und einem rasanten Ausflug nach Opatija und Lovran mit dem Bus trete ich die Rückreise von Rijeka nach Linz an. Sie sollte zu einem ziemlichen Abenteuer werden.

Wie in Teil zwei des Reiseberichts geschildert, geht es in Rijeka nicht mit dem Zug, sondern mit dem Schienenersatz-Bus los. Nach der Abfahrt quetscht sich der gut besetzte slowenische Ersatzbus durch den dichten Stadtverkehr in Rijeka und nimmt Kurs auf den ersten Zwischenstopp: Opatija-Matulji. Der malerische, von Kletterpflanzen bewachsene Bahnhof bindet den bekannten Kur- und Ferienort Opatija an das Eisenbahnnetz an. Dementsprechend warten dort zahlreiche weitere Fahrgäste auf unseren Bus. Und auch wieder mehrere Radfahrer: Sie haben Pech. Ihre Fahrräder haben im vollen Kofferraum einfach keinen Platz mehr. Sie müssen jetzt eine andere Lösung finden, wie sie weiterkommen. Als wir einige Minuten später pünktlich abfahren, diskutieren die Radler noch immer angeregt mit dem Fahrdienstleiter.

Unser jetzt fast voll besetzter Ersatzbus quält sich unterdessen durch eine große Baustelle an der Autobahnabfahrt und dann geht es weiter auf der alten Hauptstraße durch den Karst. Hier gehen auch die ersten Regenschauer nieder. Es sollten nicht die letzten an diesem langen Tag bleiben. Über eine steile, schlecht befestigte Straße erreichen wir schließlich den kroatischen Grenzbahnhof Šapjane. Hier steigen noch einige wenige Fahrgäste zu. Und auch der slowenische Schaffner wartet in seiner auffälligen petrolgrünen Uniform schon auf uns. Weil der Zug für den Lokwechsel und die Grenzkontrolle hier reichlich Aufenthalt hätte, vertreiben sich Busfahrer, Fahrdienstleiter und Schaffner die Zeit bis zur planmäßigen Abfahrt noch mit einem gemütlichen Plausch. Auch einer der Stellwerkswärter, die zuvor in Rijeka mangels Zugverkehr entspannt am Schrankenposten Karten gespielt und Kaffee getrunken haben, gesellt sich plötzlich dazu. Kurz darauf wird auch klar, was er hier macht: Er ist mit einem VW-Bus dem Ersatzbus gefolgt. Seine Aufgabe ist es jetzt, den kroatischen Schaffner nach Rijeka zurückzubringen. Er müsste sonst viele Stunden auf den nächsten Zug warten.

Überpünktlich gibt dann der Fahrdienstleiter das Abfahrtssignal. Das lässt er sich auch bei einem Bus nicht nehmen. Es geht zurück auf die Hauptstraße und bald darauf auf die Autobahn. Und dort erwartet uns die nächste böse Überraschung: Es staut sich gewaltig vor dem Grenzübergang Rupa. Stoßstange an Stoßstange stehen hier Autos und Wohnmobile. Kein Wunder, ist es doch das Ende eines verlängerten Wochenendes, das viele für einen Kurzurlaub am Meer genutzt haben. Welcher Teufel mag die Slowenischen Eisenbahnen wohl geritten haben, dass sie ausgerechnet an diesem Sonntag Schienenersatzverkehr eingerichtet haben? Während wir uns in der langen Autoschlange nur Meter für Meter vorwärts bewegen, rauschen auf dem Pannenstreifen immer wieder Motorradfahrer an uns vorbei. Das bringt unseren Schaffner, der immer nervöser abwechselnd auf die Uhr und auf seinen Fahrplanausdruck schaut, auf eine Idee. Wir könnten doch auch … Der slowenische Busfahrer ist skeptisch, fürchtet Ärger mit den Grenzpolizisten. Aber irgendwann gibt er dem Drängen nach, schwenkt nach rechts aus, schaltet zurück und gibt ordentlich Gas.

Ein Polizist traut seinen Augen nicht

So stehen wir schließlich vor dem kroatischen Grenzbalken. Und warten. Irgendwann kommt dann ein junger Polizist aus seinem Kabuff. Der slowenische Schaffner erklärt, dass wir eigentlich ein Zug sind und es eilig haben. Das Gesicht des Grenzbeamten mutiert zu einem großen Fragezeichen. Wer denn Veranstalter dieser Reise sei, will er wissen. Der Schaffner sagt, der Bus sei von den Slowenischen Eisenbahnen. Der Polizist schaut ungläubig. Der Schaffner zeigt genervt auf das „Ersatzverkehr“-Schild mit dem Logo der slowenischen Eisenbahnen hinter der Windschutzscheibe. Der Polizist zückt einen Block, schreibt ungelenk den Text des Schildes ab, dann notiert er umständlich das Kennzeichen und den Namen des Busunternehmens. Er zögert, ist kanpp davor, uns durchzuwinken. Dann fragt er doch nach der Nationalität der Fahrgäste. „Slowenen, Kroaten, Touristen aus aller Welt“, antwortet der Schaffner. Ein Fehler: Jetzt will der Polizist natürlich die Pässe sehen. Er geht durch den Bus, prüft kurz die Ausweise der EU-Bürger. Mit vier Pässen von Touristen aus Übersee geht er dann in sein Häuschen. Der Schaffner stöhnt, der Busfahrer stößt leise Flüche aus. Nach ein paar Minuten kommt der Polizist zurück, gibt die Pässe an ihre Besitzer zurück uns sagt: „Ok, ihr könnt fahren.“

Schikane an der slowenischen Grenze

Weit kommen wir nicht: Nach wenigen Metern stehen wir vor dem slowenischen Grenzbalken. Der Schaffner steigt aus, erklärt dem Polizisten in seinem Glasverschlag die Lage. Das interessiert den Beamten freilich überhaupt nicht. „Alle aussteigen und einzeln antreten zu Passkontrolle“, lautet der Befehl. Der Schaffner gibt die Info an die Fahrgäste weiter und mahnt zu Eile. Als einige Passagiere nach der Kontrolle wieder in den Bus steigen wollen, unterbricht der Polizist seine Tätigkeit und bekommt einen Wutanfall. Die Fahrgäste müssen zu Fuß über die Grenze und ein paar Meter weiter vorne auf den Bus warten. Der Bus muss leer die Grenze überqueren. In der prallen Sonne warten wir also auf einem total zugemüllten Seitenstreifen, bis der unfreundliche slowenische Polizist auch den letzten Ausweis gescannt hat.

Nach einer gefühlten Ewigkeit geht‘s schließlich weiter: Über die immer noch nicht ausgebaute slowenische Hauptstraße, die hinter der Grenze an die moderne kroatische Autobahn anschließt. Verschärft wird die ohnehin mühsame Fahrt durch unzählige Ortschaften und unübersichtliche Kurven noch durch Baustellen: Alle paar Kilometer gibt es ein Tempolimit, mehrere Baustellenampeln bremsen uns zusätzlich aus. Wir sind inzwischen weit hinter unserem Fahrplan, die Sorgenfalten des Schaffners werden immer größer. Irgendwann erreichen wir dann doch den slowenischen Grenzbahnhof Ilirska Bistrica. Er liegt praktischer Weise direkt an der Hauptstraße. Der Schaffner verkündet eine kurze WC-Pause. Auch das sollte sich als Fehler erweisen: Nach und nach suchen immer mehr Fahrgäste die Toilette auf. Als wir schon weiterfahren wollen, muss noch jemand. Nach gut 20 Minuten geht es dann doch noch weiter. Wir könnten jetzt auf die Autobahn auffahren und bis Ljubljana wertvolle Zeit gut machen. Aber Schaffner und Fahrer haben die Anweisung, alle Unterwegshalte des Zuges anzufahren. Das ist ein mühsames Unterfangen, weil die Stationen oft sehr abgelegen und mit dem großen Bus nur schwer zu erreichen sind. Dementsprechend derb fallen die Flüche des Chauffeurs aus.

Inzwischen haben wir über eine Stunde Verspätung und ich sehe schwarz für meinen Anschluss Richtung Villach, zu dem ich in Ljubljana knapp 40 Minuten Umsteigezeit hätte. Auch die Radfahrer, die nach München wollen, bangen um ihre Weiterreise. Als Alternative bietet sich für mich noch die Fahrt über Wien an. Da müsste der Anschluss ganz knapp klappen. Das bedeutet für mich aber eine Verlängerung der Reisezeit um mehr als zwei Stunden und Probleme mit der Fahrkarte.

Ich spreche den Schaffner auf die Situation an und er verspricht, die Lage mit der Betriebszentrale der Slowenischen Eisenbahnen abzuklären. Während wir im Regen auf schmalen Straßen von einem kleinen Bahnhof zum nächsten fahren, telefoniert der Schaffner mit der Zentrale. Man werde sich bemühen, in Ljubljana alle Anschlüsse herzustellen, heißt es von dort. Der Schaffner bekommt den Auftrag, ab sofort laufend die aktuelle Position durchzugeben.

Parallel dazu telefoniert der Busfahrer mit seinen Kollegen, die die Strecke von Ljubljana zum Grenzbahnhof Jesenice im Ersatzverkehr befahren. Dort ist der Fahrplan mittlerweile auch ziemlich aus dem Takt geraten: Die Busse stecken im dichten Rückreiseverkehr im Stau. Zusätzlich gilt es noch zu klären, wie die vier bei uns verladenen Fahrräder am einfachsten und schnellsten Richtung Villach kommen.

Der Bus fährt spontan weiter als geplant

Kurz vor Ljubljana gibt’s dann die überraschende Lösung: Unser Bus fährt nach kurzem Halt am Bahnhof von Ljubljana direkt weiter nach Jesenice. Dort soll der Zug nach Villach auf uns warten. Und auch der Eurocity Richtung Wien wird in Ljubljana auf uns warten. In Ljubljana angekommen nimmt uns ein Fahrdienstleiter der Slowenischen Eisenbahnen in Empfang. Er steht über Funk in Kontakt mit der Betriebszentrale. Und er begeht einen schweren Fehler: Er erlaubt einigen Fahrgästen, schnell zur Toilette zu gehen. Der Busfahrer protestiert, doch da sind die Leute schon auf dem Weg Richtung Bahnhofsgebäude. Als sie wenig später mit Bierdosen und McDonald’s-Menüs zurückkommen, ist der bis jetzt sehr freundliche Buslenker außer sich vor Wut. Und er verbietet das Essen des McDonald’s-Zeugs in seinem Bus. Unser Schaffner verabschiedet sich inzwischen. Er hat in Ljubljana Dienstschluss. Ich danke ihm herzlich für seinen Einsatz. Als einziger. Er freut sich sichtlich, gibt aber bescheiden zurück: „That’s my job!“ Wenn das nur mehr seiner Kollegen jenseits der Grenze auch so sehen würden …

Unser Bus macht sich schließlich auf den Weg Richtung Villach. Weit kommen wir allerdings nicht: Auf der Nordausfahrt von Ljubljana stecken wir schon wieder im Stau. Der Busfahrer, jetzt ganz auf sich alleine gestellt, telefoniert immer wieder mit dem Bahnhof in Jesenice. Von dort heißt es: Kein Problem, wir warten. Und als wir dann eine Stunde später vor dem großen, schmutzig-grauen Bahnhofsgebäude in Jesenice halten, steht tatsächlich der Eurocity Richtung Villach auf dem Hausbahnsteig bereit. Der Busfahrer und mehrere Mitarbeiter der Slowenischen Eisenbahnen weisen den Weg und helfen uns mit dem Gepäck. Wir warten noch kurz auf einen weiteren Bus, dann geht es endlich los Richtung Villach. Der österreichische Zugbegleiter lässt sich zunächst nicht blicken und macht auch keine Durchsagen. Kurz vor Villach, wir fahren gerade den schönen Faaker See entlang, kommt er dann doch noch vorbei. Er erklärt etwas lustlos, dass der Railjet Richtung Salzburg und München leider nicht warten kann und verweist auf den Intercity zwei Stunden später. Und er sagt, ich könne mir in Villach am Fahrkartenschalter einen Essensgutschein abholen.

ÖBB-Essensgutschein: Bürokratie vom Feinsten

Gesagt, getan, ich gehe gleicht nach der Ankunft in Villach zum Schalter. Zum Glück bin ich einer der ersten. Hinter mir bildet sich eine lange Schlange von genervten, müden und hungrigen Fahrgästen. Trotzdem stehe ich lange an, denn die einzige am Sonntagabend noch Dienst tuende junge Mitarbeiterin ist einigermaßen überfordert mit der Situation. Zum Glück erklärt ihr ein älterer Kollege auf dem Weg in den Feierabend noch schnell, wie man solchen Gutscheine ausstellt. Das System der ÖBB ist auch ausgesprochen umständlich: Während bei der Deutschen Bahn nach Vorweisen der Fahrkarte einfach kleine Zettelchen ausgegeben werden, die man bei Gastronomiebetrieben im Bahnhof einlösen kann, drucken die ÖBB jedem Reisenden einen Gutschein mit einem elektronischen Code aus, den man dann für Bahnleistungen einlösen kann. Dazu muss man seinen Namen diktieren (er würde in meinem Fall auch auf der Fahrkarte stehen, aber gut), den tippt die Kassenmitarbeiterin dann umständlich in den Computer, steht auf, geht quer durch den Raum zum Drucker und kommt mit mehreren Zetteln zurück. Einer ist der Gutschein, auf den anderen muss man mehrfach den Erhalt des Gutscheins per Unterschrift bestätigen.

Man könnte fast meinen, ein findiger Kopf in der ÖBB-Zentrale hätte das alles bewusst so kompliziert gestaltet. Frei nach dem Motto: „Das wird den meisten schnell zu blöd werden.“ Tatsächlich ist das ein unverhältnismäßiger Aufwand für gerade einmal acht Euro. Und es darf bezweifelt werden, dass diese hochbürokratische Lösung im Sinne der EU-Fahrgastrechteverordnung ist. Egal, ich packe meinen Gutschein ein und gehe Richtung Stadtzentrum, wo ich mich im örtlichen Braugasthaus mit Kärntner Spezialitäten stärke. Mit meinem riesigen Rucksack falle ich nicht weiter auf: Ich bin nicht der einzige gestrandete Reisende, der hier Zuflucht gefunden hat. Die ÖBB bescheren dem Wirt ein gutes Geschäft am Sonntagabend.

Im vollen Intercity weiter nach Salzburg

Zurück am Bahnhof ist der Bahnsteig bereits voller Leute. Auch die Radfahrer aus dem Bus sind wieder da. Ich mache mir ernsthaft Sorgen, ob der Intercity die Fahrgäste aus zwei Zügen aufnehmen können wird, dazu noch jede Menge Urlaubsgepäck und mehrere Fahrräder ohne reservierten Stellplatz. Aber wir haben alle Platz. Bei den Fahrrädern drückt die freundliche Zugchefin alle Augen zu und lässt sie dort verstauen, wo sie am wenigsten stören: auf der hinteren Einstiegsplattform des letzten Wagens zum Beispiel. Etwas, das in Tschechien ganz regulär erlaubt, in Österreich aber eigentlich streng verboten ist. Unsere Abfahrt verzögert sich noch um wenige Minuten, wie die Zugchefin mit Bedauern durchsagt. Wir warten noch auf Anschlussreisende. Wie sich herausstellt, hat der Railjet aus Venedig wieder einmal Verspätung. Auch die recht zahlreichen Umsteiger von dort finden noch Platz in unserem Zug. Mit rund zehn Minuten Verspätung geht’s dann los.

Bis Salzburg haben wir die dann wieder eingeholt: Nach einer angenehmen Fahrt in den bequemen Intercity-Wagen erreichen wir pünktlich den Salzburger Hauptbahnhof. Ich genieße beim Warten auf den Railjet Richtung Linz die laue Abendluft. Und stelle fest, dass die Radfahrer aus dem Bus heute nicht mehr nach München kommen. Sie müssen entweder in Salzburg übernachten oder auf den Nachtzug warten, der mitten in der Nacht in Salzburg abfährt. Und ausgerechnet aus Rijeka kommt! „Das hätten wir auch einfachen haben können“, stellt einer der Radler etwas ernüchtert fest. Wie wahr! Der Nachtzug war von der Streckensperre in Slowenien nicht mehr betroffen und fährt planmäßig von Rijeka bis München durch. Ich wünsche den vier Radlern trotzdem eine gute Weiterreise bzw. eine gute Nacht in Salzburg und steige in den bummvollen Railjet Richtung Wien. Eine gute Stunde später bin ich endlich in Linz. Und falle nach dem kurzen Fußmarsch vom Bahnhof sofort todmüde ins Bett.

Fazit: Großes Reiseabenteuer für wenig Geld

Nach einer Woche Erholung am Meer hat mich dieses Reiseabenteuer mehr amüsiert als aufgeregt, einmal abgesehen vom unverschämten Verhalten der slowenischen Grenzpolizei. Und als ich zwischendurch nicht mehr sicher war, wenigstens den Eurocity von Ljubljana nach Wien zu erreichen, hat sich auch leichtes Unbehagen breit gemacht, ob ich es überhaupt noch rechtzeitig zu Dienstbeginn am Montag nach Linz schaffe. Immerhin habe ich gelernt, dass die Slowenischen Eisenbahnen zwar einen höchst unglücklichen Termin für ihre Streckensperre samt Schienenersatzverkehr gewählt haben, sich dafür aber wirklich vorbildlich um ihre Fahrgäste gekümmert haben.

Und ich habe viel Geld gespart: Die Hälfte des ohnehin günstigen Fahrpreises habe ich wegen der großen Verspätung zurückerstattet bekommen. Dazu noch den Essensgutschein. Insgesamt hat mich die Fahrt von Rijeka nach Linz so genau 16 Euro gekostet. Auch nicht schlecht.

Steiermark: fast perfekter Weg mit der Bahn in den Schnee

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Regionalexpress 3427 Stainach-Irdning – Attnang-Puchheim im Bahnhof Bad Mitterndorf. (Foto: Daniel Kortschak)

Von Daniel Kortschak

Der Schienenradler war kürzlich in seiner alten Heimat Steiermark zum Skifahren. Eines der größten Langlaufgebiete erstreckt sich im steirischen Salzkammergut von Tauplitz über Bad Mitterndorf nach Kainisch. 73 Kilometer gespurte Langlaufloipen warten dort auf die Sportler. Gleich mehrere Einstiege in dieses Langlaufparadies sind sehr gut mit der Bahn zu erreichen. Auf der Salzkammergutbahn fahren alle zwei Stunden durchgehende Regionalexpresszüge von Stainach-Irdning nach Attnang-Puchheim. In den Endbahnhöfen gibt es sehr gute Anschlüsse zum Fernverkehr Richtung Wien, Graz und Salzburg. Am Wochenende gibt es zudem einmal täglich eine umsteigefreie Direktverbindung von und nach Wien mit Intercity-Wagen.

Von Graz aus ist das Salzkammergut mit einem Umstieg im modernen Bahnhof Stainach-Irdning in etwas mehr als zwei Stunden erreichbar. Vom sehr gepflegten Bahnhof Tauplitz sind es nur wenige Schritte zum Loipeneinstieg. Ein beheizter Warteraum und sehr saubere Toiletten empfangen die Fahrgäste am Bahnhof. Direkt an der Langlaufloipe gelegen ist die Haltestelle Bad Mitterndorf-Heilbrunn. Auch dort gibt es einen geheizten Warteraum mit Sitzgelegenheit und gepflegten Toiletten. Auch vom Bahnhof Kainisch ist ein Einstieg ins Loipennetz möglich. Nicht gut auf Skiern erreichbar ist hingegen der Bahnhof Bad Mitterndorf. Dort führt die Loipe zwar direkt neben den Gleisen vorbei, es fehlt aber eine sichere Querungsmöglichkeit. Auf legalem Weg ist der Bahnhof nur mit einem längeren Fußmarsch, der zweimal unter der B145 Salzkammergut Straße und durch den Ort führt, erreichbar.

Bahnhöfe mit Skibus-Anschluss

Neben Langläufern kommen auch Skifahrer im steirischen Salzkammergut auf ihre Kosten: Die Tauplitzalm bietet moderne Lifte und schöne Abfahrten verschiedener Schwierigkeitsgrade. Auf dem ausgedehnten Almplateau laden zahlreiche Hotels, Gaststätten und Skihütten auch zum längeren Verweilen ein. Erreichbar ist das Skigebiet über zwei Bahnhöfe. Vom Bahnhof Tauplitz fährt ein „Skizug“ in den weit entfernt gelegenen Ort und zur Sesselbahn. Es handelt sich dabei um einen Traktor mit geschlossenem Personenanhänger. Vom Bahnhof Bad Mitterndorf fährt ein Linien- und Skibus der Tauplitzalm-Alpenstraßengesellschaft zur Mittersteinseilbahn und weiter auf die Tauplitzalm. Mit dieser Verbindung kommen auch Langläufer, die die schneesicheren Bergloipen auf der Tauplitzalm nutzen wollen, zum Ziel. Leider ist der Fahrplan beider Zubringer nicht ganz optimal auf die Züge abgestimmt: Nach der Ankunft mit der Bahn entstehen jeweils Wartezeiten von gut 20 Minuten. Immerhin kann man diese Wartezeit dank der vorhandenen Warteräume zum Anziehen der Skischuhe nutzen.

Leider keine Gepäckaufbewahrung

Nicht optimal gelöst ist auch die Aufbewahrungsmöglichkeit für die Skifahrer. Obwohl die Bahnhöfe Tauplitz, Bad Mitterndorf und Kainisch noch mit Fahrdienstleitern besetzt sind, gibt es schon seit Jahren keine offizielle Gepäckaufbewahrung mehr. Viele Langläufer behelfen sich damit, dass sie ihre Schuhe und Taschen in der Haltestelle Bad Mitterndorf-Heilbrunn unter die Sitzbank stellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dort etwas wegkommt, ist zwar gering. Dennoch wären hier ein paar abschließbare Gepäckfächer oder Spinde eine große Erleichterung. Platz dafür wäre im geräumigen Warteraum genug.

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Völlig unverständlich ist, dass an den genannten Bahnhöfen keine Fahrkarten mehr verkauft werden. Ein Service, den die Fahrdienstleiter dort jahrzehntelang angeboten haben und der nur wenige Kilometer weiter in Oberösterreich nach wie vor besteht. Weil die ÖBB aus Kostengründen auch keine Fahrkartenautomaten aufgestellt haben, muss man den Fahrpreis im Zug beim Schaffner bezahlen. Sofern man einen antrifft. Einige Züge auf der Salzkammergutstrecke werden nämlich mit den modernen Talent- (Reihe 4024) und CityJet-Triebwagen (Reihen 4744/4746) geführt, die in der Regel ohne Zugbegleiter verkehren und im Gegensatz zu den Dieseltriebwagen der Reihen 5022 und 5047 auch über keine Fahrscheinautomaten verfügen. Das ist nicht nur eine Einladung, sondern eigentlich schon eine Aufforderung zum Schwarzfahren. Nicht jeder Fahrgast kauft seine Fahrscheine für die Rückfahrt vorab. Bei Tickets zum Tarif des steirischen Verkehrsverbundes ist das auch nur schwer möglich. Und nicht jeder Fahrgast ist so ehrlich, beim Umsteigen in den Fernverkehr in Stainach-Irdning eine Fahrkarte für die Gesamtstrecke zu kaufen. Bleibt als beste der schlechten Alternativen noch ein Smartphone mit der ÖBB-App, die nach vielen Anlaufschwierigkeiten inzwischen einigermaßen stabil läuft und ein breites Sortiment an Fahrscheinen als Handy-Ticket anbietet.

Viel zu hohe Fahrpreise

Auch die Fahrpreise an sich sind wenig attraktiv. So kostet eine Hin- und Rückfahrt von Graz nach Bad Mitterndorf 34,40 Euro. Dazu braucht man allerdings eine kostenpflichtige Vorteilscard der ÖBB. Hat man diese nicht, werden für diese Destination zum Tarif des Verkehrsverbunds Steiermark 59,80 Euro (24-Stunden-Karte inklusive Stadtverkehr Graz) fällig. Ein stolzer Preis für einen Tagesausflug. Erst recht, wenn man zu zweit oder zu dritt unterwegs ist. Denn Ermäßigungen für Kleingruppen gibt es nicht. Das von den ÖBB speziell für den Freizeitverkehr angebotene Einfach-Raus-Ticket ist keine Alternative: Es gilt nämlich nicht im Fernverkehr, die Anschlüsse in Stainach-Irdning aus und in Richtung Salzkammergut sind aber ausschließlich auf die EC/IC-Züge abgestimmt. Das vom steirischen Verkehrsverbund auch mit Fernverkehrs-Aufpreis angebotene Freizeitticket wiederum gilt nur während der Schulferien im Sommer. Bleibt nur die Hoffnung auf eines der günstigen Sparschiene-Tickets der ÖBB, die auf der Strecke Bad Mitterndorf-Graz schon ab 9 Euro zu haben sind. Allerdings muss man sich da schon bei der Buchung auf einen bestimmten Zug festlegen und auch ein Storno ist nicht möglich. Und gerade am Wochenende sind diese günstigen Fahrkarten – wenn überhaupt – nur sehr weit im Voraus zu bekommen. Zum Vergleich: Eine Verbund-Tageskarte für die Fahrt von Frankfurt zur Wasserkuppe kostet 30,20 Euro, für nur 35 Euro fahren sogar bis zu fünf Personen mit dem Hessenticket, Stadtverkehr jeweils inklusive. Dabei ist die Entfernung Frankfurt – Wasserkuppe sogar um einiges größer als jene von Graz nach Bad Mitterndorf.

Leider nicht mehr erreichbar ist ein weiteres Ski- und Langlaufgebiet im steirischen Salzkammergut: Der einzige Skibus vom Bahnhof Bad Aussee zur Skischaukel Losermaut, wo auch die landschaftlich äußerst reizvolle Loipe zur Blaa-Alm ihren Ausgang nimmt, fährt inzwischen so früh ab, dass man ihn nicht mehr mit dem ersten Zug aus Richtung Graz erreicht. Die weiteren Fahrten am Vormittag wurden im Winter ersatzlos gestrichen. Die Abfahrt gegen Mittag ist für einen Skitag bereits zu spät. Hinzu kommt noch die seit jeher inakzeptabel lange Umsteigezeit vom Bus auf den Zug bei der Rückfahrt: Niemand will 40 Minuten und mehr im weitab vom Stadtzentrum gelegenen Bahnhof Bad Aussee verbringen. Erst recht nicht, seit dort Restauration, Buffet und Tabaktrafik für immer geschlossen haben.

Es ginge noch besser

Fazit: Die Langlaufloipen rund um Bad Mitterndorf sind mit der Bahn sehr gut erreichbar und ersparen die anstrengende und gerade an Feriensamstagen sehr staugefährdete Anreise mit dem Auto. Mit kleinen Abstrichen kommen auch Skifahrer mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut ohne Auto auf die Tauplitzalm. Dringenden Verbesserungsbedarf gibt es allerdings bei den für den Ausflugsverkehr eindeutig zu hohen Fahrpreisen, die die Bahnfahrt vor allem für kleine Gruppen im Vergleich zum Pkw extrem teuer machen. Nett wären außerdem einfache Aufbewahrungsmöglichkeiten für Schuhe und Handgepäck sowie die Möglichkeit, direkt am Bahnhof Fahrkarten und idealer Weise auch Tageskarten für die Loipennutzung kaufen zu können. Bisher muss für die Entrichtung der Loipengebühr extra einen Umweg zu einem der Automaten an den Parkplätzen machen.

Ein besonders toller Service wäre ein eigener Skizug von Graz Richtung Salzkammergut. Bei einer Abfahrt gegen 7.00 Uhr und einer Rückfahrt gegen 17.00 Uhr könnte man den Skitag noch besser als mit den bestehenden Planzügen ausnutzen. Es böte sich an, diesen Skizug mit einer Fahrt von Graz nach Schladming zu verbinden. Das dortige Skigebiet ist zu Fuß oder mit dem Skibus vom Bahnhof aus sehr gut erreichbar, in den Talstationen gibt es zudem geräumige Garderoben mit abschließbaren Aufbewahrungsmöglichkeiten. Geführt werden könnten diese Skizüge mit den neuen, sehr komfortablen Cityjet-Nahverkehrstriebwagen. In Stainach-Irdning könnte ein Zugteil Richtung Salzkammergut und der andere Richtung Schladming weiterfahren. Ein Bordservice mit einem kleinen Snack- und Getränkeangebot für das Frühstück bzw. den kleinen Hunger und Durst nach dem Skilaufen würde das Angebot perfekt machen.

Gute Beispiele im Ausland

Potenzial für so eine Verbindung scheint durchaus vorhanden zu sein: In den Fernzügen zwischen Graz und Schladming sind in der Wintersaison immer zahlreiche Skifahrer zu sehen. Und die Züge im Salzkammergut sind inzwischen auch auf dem noch vor wenigen Jahren akut einstellungsgefährdeten steirischen Streckenabschnitt zumindest am Vormittag und am Nachmittag gut besetzt. Mit einem noch besser auf den Ausflugsverkehr abgestimmten Fahrplan- und Tarifangebot und entsprechender Werbung lässt sich die Auslastung mit Sicherheit noch steigern. Ein Beispiel dafür sind die von Skiläufern mehr als gut angenommenen Züge und Busse rund um Liberec in Tschechien oder die Wintersportzüge der Städtebahn Sachsen von Dresden ins Erzgebirge.

Mit ICE und Flinkster-Carsharing schnell in den Schnee

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Flinkster-Leihfahrzeug am Parkplatz im Loipenzentrum Rotes Moor in der Rhön. (Foto: Daniel Kortschak)

Von Daniel Kortschak

Die Autos des DB-Carsharings „Flinkster“ sind eine sehr gute Ergänzung zur Bahn. Die Buchung ist einfach und die Fahrzeuge stehen meist direkt am Bahnhof. Schade nur, dass die meisten von ihnen immer noch mit Benzin oder Diesel fahren.

Noch liegt genügend Schnee in der Rhön, um einen Tag auf Langlaufskiern zu verbringen. Allerdings nur mehr im Loipenpark rund um das Rote Moor. Auf der Wasserkuppe und der Verbindungsstrecke Richtung Rotes Moor hat die Sonne die weiße Pracht bereits weggefressen. Somit scheidet eine Anreise ausschließlich mit Öffentlichen Verkehrsmitteln leider aus. Die Linienbusse bedienen von Gersfeld und Fulda aus nur die Wasserkuppe, nicht aber den Loipenpark.

Die insgesamt 250 Kilometer lange Fahrt von Frankfurt zum Loipenpark und zurück ist gerade während der Woche mit dem Auto wenig attraktiv. Zu groß ist die Gefahr, in Frankfurt oder auf der A 66 in einen Stau zu geraten. Zudem ist die Fahrt über die mit Lkw vollgestopfte Autobahn alles andere als entspannend, erst recht in der Dunkelheit nach einem ganzen Tag Sport.

Als Alternative bietet sich die Fahrt mit dem ICE bis Fulda und von dort die Nutzung des bahneigenen Carsharings „Flinkster“ an. Gesagt, getan: Am Vortag per Flinkster-App eines der am Bahnhof Fulda stationierten Fahrzeuge und über den DB-Navigator einen der günstigen ICE-Sparpreisegebucht. Tags darauf startet die Reise mit der U-Bahn im Frankfurter Nordend. Dank City-Option ist die ÖPNV-Fahrt für Bahncard-Kunden auch beim Fernverkehrsfahrschein inklusive. Immer wieder amüsant sind die verstörten Blicke der Büropendler, wenn jemand mitten in Frankfurt in der Berufsverkehrszeit mit Langlaufskiern und Sportbekleidung in die Bahn steigt. Erst recht bei strahlendem Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen. Auch am Frankfurter Hauptbahnhof beim Umsteigen in den ICE Richtung Berlin sorgt man in diesem seltsamen Aufzug für gewisse Verwunderung.

Vom Zug direkt ins Mietauto

Pünktlich erreicht der ICE um 9.09 Uhr den Fuldaer Hauptbahnhof. Nach kurzem Fußmarsch durch die Unterführung ins direkt anschließende Bahnhofsparkhaus ist das reservierte Fahrzeug genau zu Beginn der Mitedauer um 9.15 Uhr erreicht. Die Flinkster-Kundenkarte auf das Lesegerät hinter der Windschutzscheibe gelegt (alternativ kann man den Wagen auch per Smartphone öffnen), mit ein wenig Geschick die zwei Paar Langlaufskier im kleinen Ford Fiesta verstaut und es kann losgehen. Nach etwa 40 Minuten Fahrt ist das Rote Moor erreicht und schon weniger als zwei Stunden nach der Abfahrt in Frankfurt beginnt das Skivergnügen.

Am späten Nachmittag geht es zurück Richtung Fulda. Vorbei am Stau auf der Autobahn Richtung Frankfurt weiter ins Zentrum und Richtung Hauptbahnhof. Nach einem kurzen Zwischenstopp in einem Einkaufszentrum steht der fast neue und sehr gepflegte Ford Fiesta mit dem für Flinkster typischen Nummernschild F-R (das R steht für DB-Rent, die Car- und Biksharingtochter der Bahn) wieder auf seinem reservierten Parkplatz im Bahnhofsparkhaus. Skier, Rucksack und Einkäufe ausgeladen und das Auto per Kundenkarte verschlossen, geht es in wenigen Schritten zu Bahnsteig drei, wo bald der ICE Dresden – Wiesbaden einfährt. Der Tag klingt bei einem frisch gezapften Bier im Bordbistro aus. Schon kurz nach Fulda peitscht der Regen an die Fenster, auf der Autobahn nebenan wälzt sich eine zähe Blechlawine dahin. Da reist es sich im ICE weit komfortabler und schneller.

Einfache Anmeldung und Buchung

Carsharing ist eine tolle Ergänzung zur Bahn. Erst recht, wenn es so perfekt organisiert ist wie bei der Deutschen Bahn. In über 300 deutschen Städten stehen 4000 Fahrzeuge in verschiedenen Kategorien zur Verfügung. Weitere 2000 Fahrzeuge gibt es in Österreich, Italien, der Schweiz und in den Niederlanden. Neben eigenen Fahrzeugen bietet Flinkster auch Zugang zu zahlreichen Autos von lokalen Kooperationspartnern. Gebucht wird ganz einfach per App oder Website, bezahlt wird nach Zeit und gefahrenen Kilometern. Grundgebühr gibt es im bundesweiten Tarif keine, für Bahncard-Kunden sind auch Anmeldung und Registrierung kostenlos.

Schade nur, dass die allermeisten Flinkster-Fahrzeuge nach wie vor mit Verbrennungsmotoren ausgestattet sind. Zwar gibt es in einigen Großstädten einzelne Elektrofahrzeuge, doch in Fulda gibt es nur Benziner oder Diesel. Dabei wäre gerade für die pro Richtung weniger als 40 Kilometer lange Fahrt von Fulda ins Rote Moor ein E-Auto optimal. Auf dem reservierten Parkplatz in der Garage ließe sich leicht eine Ladestation einrichten. Toll wäre eine solche Ladevorrichtung auch am Parkplatz vor dem Haus am Roten Moor. Während der Fahrer seine Runden im Schnee dreht, könnte das Auto Strom tanken – idealer Weise aus der großen Photovoltaikanlage auf dem Dach des Nabu-Hauses. Ohne Abgase wäre Flinkster die ideale Ergänzung zur umweltfreundlichen Bahn. Hoffentlich kommen der E-Auto-Markt in Deutschland und der dafür dringend notwendige Ausbau der Lade-Infrastruktur jetzt endlich in Gang.

ÖPNV in Hessen: mit Mühe zum Wintersport

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Bus der Linie 35 bei der Abfahrt von der Wasserkuppe Richtung Fulda. (Foto: Daniel Kortschak)

Von Daniel Kortschak

Schöne Langlaufloipen in wunderbarer Natur gibt es nicht nur in Nordböhmen. Auch Hessen hat mit dem Roten Moor eine Top-Destination für nordische Skisportler. Doch im Gegensatz zu Tschechien ist die Anreise ohne Auto alles andere als einfach.

Tausende Langläufer tummeln sich an schönen Winterwochenenden rund um das Rote Moor in der hessischen Rhön. Nicht ohne Grund, gilt der dortige Loipenpark doch als eine der besten Adressen für Freunde des nordischen Skisports in Deutschland. Loipen in verschiedenen Längen und Schwierigkeitsgraden locken ebenso wie die wunderschöne Landschaft zahlreiche Besucher an. Trotzdem ist das Haus am Roten Moor, in dem Langläufer neben einer Einkehrmöglichkeit auch einen Skiverleih finden, nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Die Folge ist ein jedes Wochenende wiederkehrendes Verkehrschaos mit überfüllten Parkplätzen, zugeparkten Landstraßen und Stau.

Per Bus auf die Wasserkuppe

Wer sich das ersparen möchte, kann die Busverbindung auf die Wasserkuppe nutzen. Hessens höchste Erhebung wird sowohl vom Bahnhof Gersfeld, wo Anschluss zu den Zügen der Rhönbahn von und nach Fulda besteht, als auch direkt von Fulda aus bedient. Von der Wasserkuppe besteht über die Flugfeld-Loipe und die sogenannte Alte Reichsstraße Anschluss an das Loipenzentrum am Roten Moor. Mehrere Restaurants, ein Kiosk, das Rhön-Infozentrum, das Deutsche Segelflugmusuem sowie ein Sportgeschäft mit Verleih bilden eine gute Infrastruktur auf 917 Meter Seehöhe. Allerdings ist die Flugfeld-Loipe wegen ihrer exponierten Lage sehr anfällig für Schneeverwehungen oder aufgetaute Stellen. Zudem kann es bei Schlechtwetter schnell ausgesprochen ungemütlich werden auf der Wasserkuppe. Und es ist bestimmt nicht jedermanns Sache, nach einem ganzen Skitag noch den Berg zu erklimmen, immer die nahende Busabfahrt im Nacken.

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Liegt zu wenig Schnee auf der Wasserkuppe, muss man einen über einen Kilometer langen Fußmarsch über die stark befahrene Landesstraße in Kauf nehmen, um von der Bushaltestelle zum nächsten Loipeneinstieg zu kommen. Spätestens dann nimmt auch der überzeugteste ÖPNV-Nutzer lieber das Auto. Zum Glück hat die Deutsche Bahn direkt am Hauptbahnhof Fulda mehrere Carsharing-Fahrzeuge des hauseigenen Anbieters Flinkster stationiert.

Busse fahren ohne Halt an Wintersporzielen vorbei

Besonders ärgerlich ist, dass die Busse der Linie 37 von der Wasserkuppe nach Gersfeld an gleich zwei alternativen Loipeneinstiegen vorbeifahren, ohne dort anzuhalten. Sowohl an der Fuldaquelle als auch an der Kreuzung der B 284 mit der L 3068 wäre auch genug Platz für eine Haltestelle. In Tschechien hätte man dort längst eine Holzhütte mit Sitzbank errichtet: kostet nicht die Welt und tut ihren Zweck. Ebenso unvorstellbar wäre es im östlichen Nachbarland, dass der Linienbus an einem direkt an der Bundesstraße gelegenen und gut besuchten Skilift ohne Halt vorbeirauscht. Genau das tut aber der 37er-Bus am Zuckerfeld-Lift in Obernhausen. Es verwundert daher kaum, dass die giftgrünen Busse des lokalen Betreibers Rhön Energie neben vereinzelten Fahrgästen vor allem viel gut geheizte Luft von Gersfeld auf die Wasserkuppe und wieder zurück transportieren.

Ein höchst seltsamer Fahrplan

Daran mag allerdings auch der höchst seltsame Fahrplan seinen Anteil haben: Von Montag bis Freitag wird die Wasserkuppe von Gersfeld aus vormittags und nachmittags im Stundentakt bedient, hinzu kommen einige weitere Fahrten aus Fulda, die die Wasserkuppe von der anderen Seite über Poppenhausen und Abtsroda erreichen. Am Wochenende hingegen, wo die meisten Freizeithungrigen unterwegs sind, ist der Fahrplan deutlich schlechter. Dass der erste Bus die Wasserkuppe von Gersfeld aus erst um 10.36, von Fulda aus gar erst um 11.00 Uhr erreicht, mag während der Woche ausreichend sein, samstags ist es eindeutig zu spät. Völlig unbrauchbar ist der Busfahrplan schließlich an Sonntagen im Winterhalbjahr: Man ist frühestens um 11 Uhr auf dem Berg und muss schon um 15.13 Uhr wieder zurückfahren oder bis 18.13 Uhr warten. Die Abfahrt um 18.13 Uhr ab Wasserkuppe nach Fulda ist im Winter ebenso sinnlos wie die Fahrt nach Gersfeld um 18.40 Uhr: Um diese Zeit ist es längst stockdunkel. Das dafür verschwendete Geld wäre in einem besseren Fahrplan am Wochenende und zusätzlichen Haltestellen wesentlich besser angelegt. Davon würden nicht nur die Langläufer, sondern auch die zahlreichen Skifahrer, Snowboarder und Spaziergänger profitieren, die sich jedes Wochenende auf die Wasserkuppe stauen. Um das umzusetzen, bräuchte es allerdings einen anderen Blick auf die Welt als nur aus der Lenkradperspektive.

Jeden Tag kommt das Ordnungsamt

So lange die Stadt Gersfeld ihre Ressourcen lieber dafür aufwendet, um selbst unter der Woche mehrmals am Tag das Ordnungsamt zwecks Verkehrskontrolle ins abgelegene Rote Moor zu schicken, anstatt endlich eine ÖPNV-Anbindung zu schaffen, wird sich wenig ändern. Es werden sich also weiter Wochenende für Wochenende endlose Blechkolonnen durch das Unesco-Biospährenreservat wälzen und Tausende Autos werden weiter jeden freien Quadratzentimeter im Naturschutzgebiet zustellen, während die wenigen Busse mit ihren weitgehend unbrauchbaren Abfahrtszeiten hauptsächlich heiße Luft transportieren und dabei die Steuerzahler viel Geld kosten.

Bahnhof verfällt, Fahrgäste frieren

Kein Anreiz zur Nutzung des ÖPNV ist außerdem der Zustand des Bahnhofs Gersfeld (Rhön): Während das historische Aufnahmsgebäude mit derb vernagelten Türen und Fenstern langsam vor sich hinrottet, müssen die Fahrgäste in der Kälte auf den Zug warten. Nur das morsche Vordach des Gebäudes und ein metallener Unterstand geben etwas Wetterschutz. Es gibt weder Toiletten noch eine Verpflegungsmöglichkeit. Zum Vergleich: Die von Wintersportlern rege genutzten Stationen Kořenov und Harrachov im tschechischen Isergebirge sind zwar ebenfalls seit Jahren unbesetzt. Aber die Warteräume sind bis heute geöffnet. Zudem gibt es in beiden Haltestellen ein beheiztes und während der Touristensaison täglich geöffnetes Buffet. Auch die direkt an der Langlaufloipe gelegene Haltestelle Bad Mitterndorf-Heilbrunn an der österreichischen Salzkammergutbahn bietet nach wie vor einen gepflegten und gut geheizten Warteraum. Und das, obwohl der dort Dienst versehende Schrankenwärter, der nebenbei auch Fahrkarten verkaufte und die Station in Ordnung hielt, bereits seit einem Jahrzehnt Geschichte ist.

Unbequeme und unsichere Busse

Nicht unbedingt eine Werbung für den öffentlichen Verkehr sind auch die Busse, die der Betreiber Rhön Energie auf die Wasserkuppe schickt: Die von Fulda aus fahrenden Gelenkbusse vom Typ Mercedes Citaro mögen für den Stadtverkehr zweckmäßig sein. Auf einer 50-minütigen Überlandfahrt sind sie mit ihren harten Stadtbus-Sitzen und der mangelhaften Geräuschdämmung schlicht unbequem. Die fehlenden Sicherheitsgurte stellen auf den kurvenreichen und stellenweise schmalen Straßen der Rhön außerdem ein Sicherheitsrisiko dar. Zu bewundern sind jedenfalls die Fahrer, die die 18 Meter langen Ungetüme auch auf Schneefahrbahn sicher durch extrem enge und steile Ortsdurchfahrten manövrieren. Für die großen Busse mag im Schülerverkehr von und nach Fulda durchaus Bedarf bestehen, die Wasserkuppe ist außerdem immer wieder Ziel für größere Jugendgruppen. Aber es gibt auch Gelenkbusse in Überland-Ausführung mit bequemeren Sitzen und Sicherheitsgurten. Auch die auf der Linie von Gersfeld auf die Wasserkuppe eingesetzten Solaris-Normalbusse bieten nur Stadtbus-Komfort. Der ist auf der vergleichsweise kurzen Strecke durchaus ausreichend. Ohne Sicherheitsgurte fühlt man sich auf der steilen Bergstraße trotzdem nicht wirklich wohl.

Preis spricht klar für den ÖPNV

Ganz klar für den ÖPNV spricht hingegen der Preis: Eine Tageskarte, die im Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) außerhalb der Städte immer etwas günstiger ist als zwei Einzelfahrten, von Fulda zur Wasserkuppe kostet 9,35 Euro. Gruppen fahren für 16,40 Euro je fünf Personen. Von Gersfeld ist ein Tagesausflug für 6,15 Euro möglich, Gruppen sind ab 10,85 Euro unterwegs. Von Frankfurt zahlt man für eine Tageskarte zur Wasserkuppe 30,20 Euro, die Gruppentageskarte kostet 44,50 Euro. Am Wochenende bietet sich ein Hessenticket, gültig ebenfalls für bis zu fünf Personen, um nur 35 Euro an.

Verbesserungen mit wenig Geld und Aufwand möglich

Fazit: Wintersport ohne Auto geht auch in Hessen. Dazu muss man sich aber gut auskennen, zeitlich sehr flexibel sein und Abstriche beim Komfort hinnehmen. Dabei könnten die zuständigen Verkehrsunternehmen und ihre öffentlichen Auftraggeber viele Verbesserungen mit sehr geringem finanziellem Aufwand erzielen. Vielleicht bliebe man durch geschickte Umschichtungen im Fahrplan und höhere Fahrgeldeinnahmen durch bessere Auslastung sogar kostenneutral. Den ersparten Aufwand und die viel geringere Umweltbelastung durch die Entschärfung des allwochenendlichen Verkehrschaos noch gar nicht eingerechnet. Und sollten für einzelne Maßnahmen doch zusätzliche Ausgaben nötig sein, bieten sich die sowohl auf der Wasserkuppe als auch am Roten Moor reichlich sprudelnden Parkgebühren als Finanzierungsquelle an. Das wäre eine faire Umverteilung vom Ressourcen fressenden Individualverkehr hin zum deutlich nachhaltigeren ÖPNV. Und die sollte gerade in einer besonders streng geschützten Landschaft wie der Rhön eigentlich längst selbstverständlich sein.

Links

Wintersport in Tschechien: mit Bahn und Bus direkt in den Schnee

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Grenzüberschreitender Regionalzug Szklarska Poręba – Liberec verlässt den Haltepunkt Jakuszyce Richtung Tschechien. (Foto: Daniel Kortschak)

Von Daniel Kortschak

Mit Bahn und Bus direkt in den Schnee. Was in vielen Regionen in Deutschland und Österreich nicht oder nur mit großen Umständen möglich ist, ist in Tschechien selbstverständlich. Kein Wunder im Land mit dem dichtesten Eisenbahnnetz der Welt und einem der besten ÖPNV-Systeme in Europa.

Wie jedes Jahr bei entsprechender Schneelage hat der Schienenradler einige Urlaubstage in Liberec verbracht. Die 100.000-Einwohner-Stadt liegt am Fuß des Isergebirges und ist damit der ideale Ausgangspunkt für Skitouren. Bestens von dort mit dem Zug erreichbar ist das ausgedehnte Langlaufgebiet oberhalb des bekannten Skizentrums Harrachov. Doch das war nicht immer so: 1997 war der Betrieb auf der auch historisch und technisch hochinteressanten Zackenbahn und der anschließenden Zahnradstrecke Kořenov – Tanvald bereits eingestellt worden. Auf Druck von Bevölkerung und lokalen Politikern wurde der Verkehr zwar bald wieder aufgenommen, doch die Anzahl der täglichen Züge von und nach Harrachov war sehr spärlich. Auch der Einstieg in die Lopien von der einsam im Wald gelegenen Haltestelle Harrachov war ziemlich abenteuerlich: Direkt vom Bahnhof führt ein schmaler Hohlweg steil nach oben. Liegt wenig Schnee, muss man um seine Skier und schlimmstenfalls sogar um seinen Kopf fürchten, bei Neuschnee versinkt man bis zum Bauch.

Seit 2010 ist alles anders: Die jahrzehntelangen Bemühungen engagierter Vereine und Politiker hatten Erfolg und der grenzüberschreitende Zugverkehr nach Polen, der im Jahr 1945 unterbrochen worden war, konnte wieder aufgenommen werden. Damit gelangen Skifahrer bequem in den polnischen Nachbarort Jakuszyce – das wichtigste nordische Sikisportzentrum im Land. Im dortigen Skistadion, an dem die Bahnlinie direkt vorbeiführt, gibt es Skiverleihe, Garderoben und Gastronomie. Leider hat man beim Wiederaufbau der Bahnstrecke die Haltestelle an der Stelle des früheren Bahnhofs wiederrichtet, anstatt sie direkt am Skistadion neu zu bauen. Das bedeutet einen unnötigen und bei hoher Schneelage sehr beschwerlichen Fußmarsch. Immerhin führt eine Langlaufloipe direkt an der Haltestelle vorbei, so dass man am besten gleich nach dem Aussteigen die Skier anschnallt. Will man aber Skier erst vor Ort ausleihen oder Gepäck in der Garderobe deponieren, bleibt nur heftiges Gestapfe durch den Schnee. Im Gegensatz zu Tschechien, wo auch die Bahnsteige kleiner Haltestellen laufend vom Schnee geräumt werden, überlässt man in Polen die abgelegene Station im Gebirge weitgehend sich selbst.

Das ist allerdings die einzige Unzulänglichkeit auf dieser mit Unterstützung der EU wiederbelebten Bahnlinie. Ansonsten ist der Betrieb nach einigen Anlaufschwierigkeiten nun perfekt. Nach der Betriebsaufnahme im Jahr 2010 fuhren zunächst auf dem grenzüberschreitenden Abschnitt noch Züge eines privaten Betreibers. Das bedeutete Umsteigen und den Kauf verschiedener Fahrkarten, die man bei der Rückfahrt aus Polen noch dazu tunlichst in Złoty zu bezahlen hatte, wollte man lautsarke Auseinandersetzungen mit dem forschen polnischen Zugpersonal vermeiden. Seit dem Winter 2015 sind nun moderne Niederflur-Züge der Tschechischen Bahnen (ČD) durchgehend von Liberec bis in den polnischen Wintersportort Szklarska Poręba unterwegs und es gibt durchgehende Fahrkarten im kleinen Grenzverkehr, die auf Wunsch auch für die Rückfahrt gelten. Bezahlt werden kann in Tschechischen Kronen, Euro oder polnischen Złoty. Endlich kein Kramen mehr nach Kleingeld in verschiedenen Währungen, kein Jammern der schlecht gelaunten polnischen Schaffner über zu große Geldscheine mehr. Das durchwegs freundliche tschechische Zugpersonal fährt bis zum polnischen Endbahnhof durch und gibt jederzeit gerne Auskunft auf Tschechisch und Polnisch, Englisch und/oder Deutsch sind meist auch kein Problem.

Zu Spitzenzeiten fahren die Züge auf der noch vor einigen Jahren einstellungsgefährdeten Strecke im Stundentakt. Allerdings bestehen einige Verbindungen nur am Wochenende bzw. in der Touristensaison im Sommer und Winter. Die entsprechenden Hinweise in den Fahrplänen sind einigermaßen unübersichtlich und auf den Aushängen in der Haltestellenhütte in Jakuszyce zudem nur auf Polnisch gehalten. Am besten nimmt man das Smartphone zur Hand. Die App „Můj vlak“ („Mein Zug“) der Tschechischen Bahnen (ČD) ist sehr übersichtlich gestaltet und einfach zu bedienen. Mit wenigen Klicks bekommt man neben Fahrplanauskünften auch Handy-Tickets.

Wer sich für die wechselvolle Geschichte der Zackenbahn interessiert, sollte einen Zwischenstopp im Bahnhof Kořenov einlegen. Im dortigen Gebäude, das durch seine gewaltigen Ausmaße noch von seiner Rolle als Grenzbahnhof zwischen Preußen und Österreich bzw. später Polen und der Tschechoslowakei zeugt (Die Strecke Kořenov – Harrachov kam erst durch einen Gebietstausch im Jahr 1959 zur damaligen ČSSR), betreibt der lokale Eisenbahnverein ein kleines, aber durchaus sehenswertes Museum. Im Sommer werden auch regelmäßig Sonderfahrten mit den historischen Zahnradloks veranstaltet. Für Skilangläufer eignet sich Kořenov hingegen weniger als Start- oder Zielpunkt, wie der Schienenradler feststellen musste: Die in den Karten eingezeichnete Verbindungsloipe zur Isergebirgsmagistrale erweies sich als tief verschneiter, schmaler und steiler Pfad, dessen Bewältigung zu einer echten Herausforderung für Mensch und Material wurde. Als kleine Entschädigung gab es ein paar interessante Ausblicke auf die Bahnstrecke Kořenov – Harrachov.

Alle wollen nach Bedřichov

Der zu Liberec nächstgelegene Wintersportort ist Bedřichov, als Start- und Zielpunkt des berühmten Isergebirgslaufs eines der Zentren des nordischen Skisports in Tschechien. Das dortige Skistadion ist der Haupteinstiegspunkt in die Isergebirgsmagistrale, ein Netz von 170 Kilometern bestens präparierter Langlaufloipen.

Von Liberec nach Bedřichov fährt ganzjährig die Stadtbuslinie 18. In der Wintersaison verstärken bei guter Schneelage Skibusse die Linie, im Sommerhalbjahr verkehen zusätzliche Fahrrad- und Wanderbusse. Die Busse fahren in Liberec am zentral gelegenen, sehr großzügigen und auch architektonisch interessanten ÖPNV-Terminal Fügenrova ab und halten in Bedřichov direkt am Loipeneinstieg. Gerade an Wochenenden ist die Auslastung der Busse sehr hoch, Stadt- und Skibusse schaffen es aber gemeinsam so einigermaßen, den Andrang zu bewältigen. Allerdings macht die Teilung in Stadt- und Skibusverkehr den Fahrplan sehr unübersichtlich. In der Wendechleife Bedřichov etwa hängen zwei verschiedene Haltestellenschilder mit zwei verschiedenen Fahrplänen, fein säuberlich getrent nach Stadt- und Skibus. Selbstvertsändlich fahren die Busse auch noch werktags und an Wochenenden zu unterschiedlichen Zeiten. Wie gut, dass es inzwischen Smartphones mit entsprechenden Fahrplan-Apps gibt.  In Tschechien gibt es mit Idos sogar eine landesweit einheitliche, die die Daten aller Züge, Busse und städtischen Verkehrmittel kennt.

Doch die verschiedenen Busse haben nicht nur getrennte Fahrpläne, sondern selbstverständlich auch unterschiedliche Farhkarten: Im Skibus muss man immer beim Fahrer bezahlen, im Stadtbus gibt es auch Vorverkaufsfahrscheine am Automaten oder im Tabakladen. Doch die gelten trotz des gleichen Fahrpreises nicht im Skibus und sind damit weitgehend nutzlos, weil man oft vorab nicht weiß, welchen Bus man für die Rückfahrt erwischt. Also kaufen auch im Stadtbus viele Fahrgäste ihre Fahrscheine erst beim Einsteigen. Nicht unbedingt zur Freude des Fahrpersonals. Einziger Ausweg ist die elektronische Bürgerkarte der Region Liberec, mit der man den Fahrpreis in allen Verkehrsmitteln bargeldlos begleichen kann. Für Gelegenheitsfahrgäste ist sie aber keine ernsthafte Alternative, weil ihre Beantragung Zeit und Geld kostet. Noch vor wenigen Jahren war der Verkehr von und nach Bedřichov viel besser organisiert: Linien- und Skibusverkehr waren in der Hand eines Verkehrsunternehmens, der Fahrplan war regelmäßig und bei besonders starkem Andrang schickte der Betreiber zusätzliche Busse. Nicht selten fuhren an Spitzentagen drei Wagen im Konvoi.

Abenteuerliche Busfahrt in die Berge

Einstiegsmöglichkeiten die Isergebirgsmagistrale bieten zahlreiche Orte. Einer davon ist die Berghütte Smědava. Obwohl so ziemlich im hintersten Winkel gelegen, ist auch sie gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Der Schienenradler ist dazu von Liberec zunächst mit dem Zug nach Raspenava gefahren. Der weitab vom gleichnamigen Ort gelegene große Bahnhof ist einer der Knotenpunkte im umfangreichen Lokalbahnnetz nördlich von Liberec: Die aus mehreren Dieseltriebwagen gebildeten Züge werden  dort geteilt und fahren zu verschiedenen Zielen weiter oder werden in der Gegenrichtung wieder zusammengekuppelt, um gemeinsam nach Liberec zu fahren. Ein interessantes und für die Fahrgäste sehr komfortables Betriebskonzept, das die positive Einstellung der Region Liberec zum öffentlichen Verkehr unterstreicht: Noch vor wenigen Jahren war über die Einstellung der Nebenbahnen diskutiert worden, inzwischen wurden Strecken und Bahnhöfe saniert und neue Fahrzeuge angeschafft.

Für den Schienenradler sollte es von Raspenava nach einigen Minuten Wartezeit mit dem Bus weitergehen. Die Erwartung, sie im Warmen und vielleicht sogar mit einem mehr oder weniger schmackhaften Kaffee aus den im ganzen Land allgegenwärtigen Automaten zu verbringen, wurde leider enttäuscht: An Sonntagen öffnet der Fahrkartenschalter und damit auch der angrenzende Wartesaal erst um 10 Uhr. Sie dürfe den Warteraum leider nicht mehr früher öffnen, meinte die anwesende Fahrdienstleiterin bedauernd. Seit im letzten Jahr die staatliche Schieneninfrastrukturverwaltung SŽDC die Bahnhöfe von den Tschechischen Bahnen (ČD) übernommen hat, herrschen äußerst komplizierte Eigentums- und Mietverhältnisse. Also ums Bahnhofsgebäude herum und direkt zur Bushaltestelle. Das schon etwas angerostete Schild und die hohe Schneelage auf der Fahrbahn lassen ernste Zweifel aufkommen, ob hier heute tatsächlich ein Bus kommen wird. Dass kurz darauf mit einigem Getöse ein Schneepflug angerauscht kommt, macht wieder etwas Hoffnung. Auch die ebenfalls mit dem Zug angekommene Gruppe von älteren Skifahrerinnen gibt sich überzeugt, dass der Bus kommt. Und er kommt tatsächlich: Etwas verspätet wegen der schlechten Straßenverhältnisse, dafür warm geheizt.

Auf der Fahrt durch die entlegenen Dörfer wird die Straße immer enger, irgendwann am Ende des Tals ist es dann auch vorbei mit der Salzstreuung. Der Bus muss sich nun auf Schneefahrbahn weiterkämpfen. Immerhin scheint sie frisch mit Splitt bestreut zu sein. Diese Annahme bestätigt sich in einer der nächsten Kurven, wo es beängstigend eng wird: Der Schneepflug kommt entgegen. Gottseidank, denn sonst hätte selbst der souverän agierende ältere Fahrer wohl kaum eine Chance gehabt, seinen Bus und die zahlreichen Wintersportler durch die unzähligen Serpentinen bis zur fast 900 Meter hoch gelegenen Berghütte zu bringen. So aber steht einem fast pünktlichen Start in einen Skitag nichts im Weg.

Toller ÖPNV in Liberec

Doch nicht nur die Region Liberec hat ein gut ausgebautes Verkehrsnetz, sondern auch in der Stadt selbst funktioniert der ÖPNV ausgesprochen gut: Die innerstädtischen Straßenbahnlinien 2 und 3 verbinden den Zoo, die Innenstadt und den Bahnhof mit den Vororten Dolní und Horní Hanychov. Die Linie 5 und 11 fahren zwischen dem Bahnhof und dem Vorort Vratislavice bzw. der Nachbarstadt Jablonec. Auf der von allen Linien befahrenen Strecke zwischen dem Bahnhof und dem zentralen Umsteigeterminal Fügnerova im Stadtzentrum fährt alle paar Minuten eine Bahn. Und das auf äußerst bemerkenswerten Gleiskörper: Während die innerstädtische Strecke in den 1990er-Jahren auf Normalspur (1435 mm) umgestellt wurde, fährt die Überlandlinie nach Jablonec bis heute auf Meterspur. Deshalb liegt im Stadtzentrum von Liberec ein Dreischienengleis, wie es im Straßenbahnbetrieb eine absolute Rarität ist. In den Abendstunden und am Wochenende fungiert das großzügige ÖPNV-Terminal Fügnerova als zentraler Umsteigeknoten, wo die Anschlüsse aus und in alle Richtungen abgewartet werden. Den Abfahrauftrag bekommen die Fahrer per Funk vom anwesenden Dispatcher. An den Wochenenden bieten die städtischen Verkehrsbetriebe Liberec-Jablonec (DPMLJ)  Straßenbahnbetrieb rund um die Uhr, einige Nachtbuslinien ergänzen das Angebot.

Eingesetzt werden auf den Meterspur- und Normalspurlinien die tschechischen Straßenbahnklassiker vom Typ Tatra T3. Sie wurden allesamt in den letzten Jahren modernisiert und teilweise mit Niederflureinstiegen nachgerüstet. Wie überall in Tschechien verfügen die Fahrzeuge auch über ein optisches und akustisches Fahrgastinformationssystem. Auch viele Haltestellen sind mit elektronischen Ziel- und Wartezeitanzeigern ausgestattet. Etwas, was zum Beispiel in Prag noch eher die Ausnahme als die Regel ist. Sehr einfach ist neuerdings auch der Fahrscheinkauf: In jeder Straßenbahn gibt es elektronische Automaten, an denen man mit Bank- und Kreditkarten berührungslos die verschiedenen Tickets kaufen kann. Die Geräte sind einfach zu bedienen und kommunizieren mit den Fahrgästen in verschiedenen Sprachen. Für regelmäßige Fahrgäste sind zusätzlich elektronische Entwerter vorhanden, die den Fahrpreis bargeldlos von der regionalen Bürgerkarte abbuchen bzw. die Gültigkeit von Zeitkarten überprüfen.

Drei Länder, eine Bahn

Ebenfalls sehr interessant ist die Anreise nach Liberec: Trotz der Größe und Position als Hauptstadt der Region ist keine der nach Liberec führenden Bahnstrecken elektrifiziert. Und als einzige der 13 Kreishauptstädte hat Liberec keine direkte Zugverbindung mit Prag. Wegen der ungünstigen Streckentrassierung und des schlechten Ausbauzustandes dauert die Bahnfahrt von Liberec nach Prag trotz guter Anschlüsse in Turnov mehr als doppelt so lange als die Fahrt mit dem Schnellbus über die direkt verlaufende Autobahn. Dennoch wurde der stattliche Bahnhof von Liberec in den vergangenen Jahren schön renoviert, neben einem modernen Reisezentrum und einer Gepeäckaufbewahrung gibt es auch einen Zeitschriften- und Tabakladen, einen kleinen Supermarkt und eine recht ordentliche Gaststätte.

Richtung Wien reist man mit dem Schnellzug über die landschaftlich sehr schöne ehemalige Süd- Norddeutsche Verbindungsbahn direkt nach Pardubice und von dort weiter mit dem Railjet Richtung Österreich. Richtung Deutschland führt die Reise von Liberec zunächst nach Zittau, von wo man entweder über Görlitz Richtung Berlin oder über Dresden Richtung Süden und Westen weiterfahren kann. Der Betrieb auf der Hauptstrecke Liberec – Zittau gestaltet sich dabei äußerst interessant: Neben direkten Regionalexpress-Zügen nach Dresden fahren im Stundentakt Regionalzüge, die von Zittau abwechselnd weiter über Varnsdorf in Tschechien zum wieder in Deutschland gelegenen Endbahnhof Seifhennersdorf oder ins tschechische Rybniště fahren. Außerdem liegt noch ein Stück der Strecke von Liberec nach Zittau in Polen – eine Folge der Grenzziehung nach dem Zweiten Weltkrieg entlang der Oder-Neiße-Linie.

Wer also von Seifhennersdorf nach Liberec unterwegs ist, fährt durch drei Länder und überquert viermal die Staatsgrenze – und merkt es womöglich nicht einmal, denn der Bahnbetrieb läuft über alle Grenzen hinweg durchgehend. Nach einer gemeinsamen Ausschreibung der verschiedenen Aufgabenträger in Deutschland und Tschechien betreibt seit Dezember 2010 die private deutsche Länderbahn die Strecke, 2014 kamen mit der Strecke Dresden – Zittau, die von der Deutschen Bahn übernommen wurde, noch die durchgehenden Züge Dresden – Liberec hinzu. Unter dem Markennamen Trilex fahren von Liberec aus Dieseltriebwagen der Muttergesellschaft „Die Länderbahn“ bzw. des Schwesterunternehmens Vogtlandbahn Richtung Deutschland.

Dabei gilt ein einheitlicher und sehr günstiger grenzüberschreitender Tarif. Fahrkarten werden an eigenen Trilex-Verkaufsstellen, in den Reisezentren der Deutschen Bahn und an den Personenkassen der Tschechischen Bahnen (ČD) verkauft. Am einfachsten ist es aber, die Fahrkarte direkt im Zug beim freundlichen, zweisprachigen Personal zu kaufen. Bezahlt werden kann in Euro oder Tschechischen Kronen. Für Touristen bieten die beteiligten Regionen und Verkehrsverbünde außerdem noch die im deutsch-polnisch-tschechischen Grenzgebiet gültige Netzkarte Euro-Neisse-Ticket an. Dank einer speziellen Vereinbarung zwischen der Deutschen Bahn und Trilex können seit kurzem auch Online- und Handytickets von jedem deutschen Bahnhof nach Liberec ausgestellt werden, auch Sparpreise sind erhältlich. Mit einem dieser Sparpreise ist auch der Schienenradler von Frankfurt via Leipzig und Dresden nach Liberec und wieder zurückgereist. Und zwar störungsfrei und fast auf die Minute genau pünktlich.

Zeitreise im Bahnhof Zittau

Leider sind die Anschlüsse auf der weiten Strecke nicht optimal abgestimmt. Aber so blieb auf der Hinfahrt immerhin ein wenig Zeit, den großen Bahnhof Zittau genauer zu besichtigen. Das kommt einer Zeitreise gleich: In mehreren altmodischen Stellwerken werden Weichen, Signale und Schranken per Hand gesteuert, die ehemalige Grenzübergangsstelle auf dem Hausbahnsteig sieht so aus, als wären die Grenztruppen der DDR gerade erst abgezogen und auch der Imbisskiosk in der viel zu großen Empfangshalle hat sich in den letzten drei Jahrzehnten bis auf das Sortiment wohl kaum verändert. Aber die Bedienung ist freundlich und Speis und Trank sind äußerst günstig.

Doch die Tage dieses lebendigen Eisenbahnmuseums sind gezählt: Bis 2018 soll der Bahnhof Zittau umfassend modernisiert werden. Die Arbeiten zum Einbau der Aufzüge haben bereits begonnen und bescheren den Fahrgästen derzeit Fahrplaneinschränkungen und mühsame Umwege beim Umsteigen. Doch nach Abschluss der Arbeiten, die auch die Erneuerung der Leit- und Sicherungstechnik umfassen, soll in Zittau ein moderner Taktknoten geschaffen werden, der optimale Anschlüsse bietet, verspricht die Deutsche Bahn. Das sind gute Nachrichten für die Fahrgäste. Und schlechte für die Stellwerker, die ihren Job verlieren. Auch der Bahnhofskiosk muss wohl um seine Umsätze fürchten, wenn die Fahrgäste direkt weiterfahren können, anstatt die Wartezeit mit einem Imbiss und einem Getränk zu verkürzen. Es ist zu befürchten, dass sich die biertrinkenden Stammgäste bald eine neue Kneipe suchen müssen.

Dresden-Neustadt: ein vorbildlich renovierter Bahnhof

Auf der Rückfahrt Richtung Frankfurt ging zwar der Umstieg in Zittau schnell über die Bühne, dafür musste der Schienenradler in Dresden-Neutsadt einen längeren Zwischenstopp einlegen. Zeit genug, um sich mit einer Bratwurst zu stärken und sich ein wenig auf dem frisch renovierten Bahnhof umzusehen: Die Deutsche Bahn kann das auch sehr ordentlich machen, wenn sie will. Das zeigt sich auch auf der letzten Etappe dieser Reise, in Leipzig: Auch hier hat man die gewaltige Bahnhofshalle sehr schön renoviert und alles ist ausgesprochen sauber im größten Kopfbahnhof Europas.

Mit dem ICE von Frankfurt nach Wien: Bequemer geht es nicht

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Deutsche und österreischische Bahn betreiben die ICE-Linie Wien – Frankfurt in Kooperation. (Foto: Daniel Kortschak)

Von Daniel Kortschak

Hunderte Kilometer weit reisen und dabei konzentriert am Computer arbeiten, lesen, Musik hören, gepflegt im Restaurant essen oder einfach nur zurücklehnen und entspannen: Das geht nur im Zug. Klar, das Flugzeug ist oft viel schneller, im Auto transportiert sich großes Gepäck leichter und der Fernbus ist meist deutlich billiger. Doch am bequemsten reist es sich einfach im ICE.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, die über 700 Kilometer lange Strecke von Frankfurt nach Wien zurückzulegen: Die Flugzeuge der Lufthansa und ihrer österreichischen Tochter Austrian Airlines fliegen täglich von 6 bis 21 Uhr im Stundentakt, die Flugzeit beträgt etwas mehr als eine Stunde. Wer einige Wochen im Voraus bucht, hat gute Chancen, einen Hin- und Rückflug für unter 200 Euro zu bekommen. Brückentage, Ferienzeiten und Feiertage ausgenommen.

Mit dem Auto dauert die Fahrt gut sieben Stunden, je nach Verkehr kann es auch deutlich mehr sein: Neuralgische Punkte sind die Strecke Frankfurt – Würzburg, der Großraum Nürnberg, Regensburg, Passau und der Großraum Linz. Selbst wenn es ausnahmsweise keine längeren Staus gibt, ist die Fahrt über die vollen, mit Baustellen gespickten Autobahnen alles andere als ein Vergnügen. Hat man nichts Großes zu transportieren, sollte man diese Autofahrt besser unterlassen.

Bahnfahrt: lang, aber unschlagbar bequem

Bleibt als letzte Möglichkeit die Bahn: Alle zwei Stunden fahren auf der Strecke Frankfurt – Wien und in der Gegenrichtung ICE-Züge, die die Deutsche Bahn (DB) und die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) in Kooperation betreiben. Der erste Zug verlässt Frankfurt um 6.22 Uhr, der letzte um 16.21 Uhr. Außer der Verbindung um 10.18 Uhr, wo man in Würzburg umsteigen muss, fahren die Züge direkt. In Wien fahren die Züge zwischen 6.50 Uhr und 16.50 Uhr alle zwei Stunden ab, in Würzburg umgestiegen werden muss bei der Verbindung, die Wien um 12.50 Uhr verlässt. Die Fahrt dauert 6 Stunden und 45 Minuten.

Eine einfache Fahrt kostet zum Flexpreis ohne Ermäßigungen stolze 143,60 Euro. Doch sowohl DB als auch ÖBB bieten günstige Sparpreis– bzw. Sparschiene-Fahrkarten an, wobei sich ein Preisvergleich in den Online-Ticketshops beider Bahnen durchaus lohnt: Oft weichen die Preise für ein die dieselbe Zugverbindung stark voneinander ab. Gleich verhält es sich mit den weiteren Bedingungen: Auf ihre Sparschiene gewähren die ÖBB keine weiteren Ermäßigungen und die Fahrkarten können weder umgebucht noch storniert werden. Die Vorkaufsfrist beträgt drei Tage. Die DB gewährt auf ihre Sparpreise 25 Prozent Rabatt für Inhaber der Bahncard 25 und 50, bis einen Tag vor der Abfahrt kann man gegen eine Gebühr von 17,50 Euro umbuchen oder stornieren. Vorkaufsfrist gibt es bei der DB keine.

Der Schienenradler ist in den letzten Monaten mehrere Male mit dem ICE von Frankfurt nach Wien oder umgekehrt gefahren. Und war mehr als positiv überrascht: Die Züge waren ohne Ausnahme pünktlich, die auf dieser Strecke eingesetzten ICE der Baureihe 411/4011 sind innen wie außen ausgesprochen sauber und das Zugpersonal ist nahezu ausnahmslos sehr freundlich. Besonders positiv fallen hierbei die Zugchefs und Zugbegleiter vom Standort Passau auf, die die Züge meist auf der gesamten Strecke von Passau nach Frankfurt und wieder zurück begleiten.

Ebenfalls auf hohem Niveau ist der Service im von DB Fernverkehr bewirtschafteten Bordrestaurant: Auch hier wurde der Schienenradler stets sehr zuvorkommend bedient, die sonst nicht gerade seltenen Teil- oder Komplettausfälle des Restaurants wegen personeller oder technischer Probleme kommen auf der Strecke Wien – Frankfurt kaum vor.

Fazit: Wenn man Zeit hat und entspannt reisen möchte, ist der ICE auf der Strecke Wien – Frankfurt mit Abstand das komfortabelste Verkehrsmittel: Man sitzt bequem und kann die Zeit zum Arbeiten, Lesen und Schlafen nutzen, ein Frühstück oder Mittag- bzw. Abendessen im Bordrestaurant sorgt zusätzlich für etwas Abwechslung auf der langen Fahrt. Platz gibt es auch meistens genug, außer zu den Pendler-Spitzenzeiten am Freitagnachmittag und Sonntagabend ist die Auslastung der ICE auf der Strecke Wien – Frankfurt – Wien nicht besonders hoch.

Gemütlich über Nacht im ÖBB-Nightjet

Wer nicht Zeit und Lust hat, tagsüber fast sieben Stunden im Zug zu sitzen, kann auf den von den ÖBB betriebenen Nachtzug Wien – Düsseldorf – Wien ausweichen. Der Zug bietet Sitz-, Liege- und Schlafplätze sowie Auto- und Fahrradtransport. Mit einer Abfahrt in Frankfurt-Süd Richtung Wien nach Mitternacht und einer Ankunft aus Wien ebendort schon vor 5.30 Uhr sind die Zeiten für Frankfurt allerdings grenzwertig. Kompensiert wird das durch den erstklassigen Service, den die ÖBB gemeinsam mit ihrem Partner Newrest Wagons Lits an Bord bieten. Im Schlaf- und Liegewagen ist ein reichhaltiges Frühstück sowie Wasser für die Nacht inklusive, Schlafwagenreisende bekommen noch zusätzlich einen Willkommensdrink, eine Zeitung und zahlreiche Accessoires wie Hausschuhe, Ohrstöpsel etc. dazu.

Ab Dezember dieses Jahres wird der Komfort auf dieser Verbindung weiter steigen: Unter der neuen Bezeichnung Nightjet weiten die ÖBB ihren Nachtzugverkehr in Europa deutlich aus. Statt zwar sehr gepflegten, aber schon viele Jahrzehnte alten Schlafwagen kommen künftig wesentlich modernere „Comfortline“-Wagen vom Typ WLABmz173.1 zum Einsatz, die die ÖBB von der DB übernommen und gründlich aufgefrischt haben. Auch neue Bettwäsche sowie teilweise neue Matratzen spendieren die ÖBB ihren Fahrgästen.

Graz – Salzburg – Frankfurt: lange Fahrt mit hohem Komfort

Sehr zufrieden war der Schienenradler auch mit seiner kürzlich unternommenen Reise von Graz über Salzburg und München nach Frankfurt: Zunächst ging es mit dem EC 164 „Transalpin“ Graz – Zürich bis Bischofshofen, von dort dann mit dem EC 112 Zagreb/Klagenfurt – Frankfurt an den Main. In den bequemen und bis auf die wie üblich völlig verdreckten Fenster sehr gepflegten ÖBB-Fernverkehrswagen verging selbst diese fast zehn Stunden dauernde Fahrt fast wie im Flug. Dazu trug auch ein Besuch im vom österreichischen Unternehmen Henry am Zug bewirtschafteten Speisewagen bei, in dem Qualität von Speisen und Service keine Wünsche offen lassen. Trotz der sehr langen Strecke – Zagreb trennen von Frankfurt fast 1000 Kilometer – erreichte der EC 112 Frankfurt sogar eine Minute vor der planmäßigen Ankunftszeit.

Das mehr als erfreuliche Resümee des Schienenradlers: Die Bahn ist eigentlich viel besser als ihr Ruf. Zumindest im Verkehr zwischen Deutschland und Österreich. Hoffentlich bleibt das auch weiter so.

Bäder in Frankfurt: Vorbild für den Nahverkehr

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Das größte Schwimmbecken Europas: Brentanobad in Frankfurt. (Foto: Daniel Kortschak)

Von Daniel Kortschak

Spät, aber doch zeigt der Sommer in diesem Jahr noch einmal, was er kann. Grund genug für den Schienenradler, den Frankfurter Freibädern öfter mal einen Besuch abzustatten. Und einmal mehr erfreut festzustellen, dass die städtischen Bäderbetriebe BBF einen erstklassigen Service bieten. Fast alle Freibäder in Frankfurt wurden in den letzten Jahren aufwändig renoviert und das Personal ist nahezu ausnahmslos freundlich.

Selbst wenn sich wie am vergangenen Wochenende im Brentanobad Abertausende Menschen tummeln, läuft der Betrieb völlig reibungslos ab. Zahlreiche Schwimmmeister sorgen im riesigen Becken für Ordung und Sicherheit, Aufsichtspersonal sieht auf den weitläufigen Liegewiesen nach dem Rechten. Und mehrere Reinungunsleute sind permanent dabei, die Sanitäranlagen in Schuss zu halten. Keine schlechte Leistung im mit Abstand größten Frankfurter Freibad, das auch über das größte Schwimmbecken in ganz Europa verfügt.

Die BBF sind ein gutes Beispiel dafür, wie ein kommunaler Betrieb, der nicht kostendeckend arbeitet, trotzdem sehr gute Leistungen für die Bürger erbringen kann. Vielleicht sollten auch die Verantwortlichen für den Nahverkehr in Frankfurt und Umgebung öfter ins Schwimmbad gehen – von den  Bäderbetrieben könnten sie einiges lernen. Würde der ÖPNV im Rhein-Main-Gebiet nur annähernd so gut funktionieren wie die städtischen Bäder in Frankfurt, dann wären Zehntausende Pendler um einige Sorgen ärmer. Und wäre die Fahrt mit Bus und Bahn so günstig wie ein Besuch im Freibad, dann könnten sie auch noch mächtig Geld sparen.

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Künstlerische Hommage an das Brentanobad. (Foto: Daniel Kortschak)

 

Naturpark – nur per Auto erreichbar

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Buswendesschleife ohne Verwendung am Roten Moor.

Von Daniel Kortschak

Zum Langlaufen fahre ich immer wieder gerne in die Rhön: Dort gibt es schöne Lopien in wunderschöner Landschaft und Schnee liegt meistens auch genug. Das vor Kurzem neu errichtete Nabu-Haus am Roten Moor bietet außerdem eine angenehme Einkehrmöglichkeit.

Das einzige Problem: Das Langlaufzentrum ist nur per Auto erreichbar. Zwar gibt es auf dem Parkplatz direkt am Loipeneinstieg eine große Buswendeschleife, doch Linienbus fährt schon seit Jahren keiner mehr dorthin. Also muss ich mir jedes Mal in Fulda ein Auto leihen. Das klappt zwar problemlos, weil das bahneigene Carsharing „Flinkster“ direkt in der Bahnhofsgarage mehrere Fahrzeuge stationiert hat, aber bei schlechtem Wetter und rutschigen Straßen macht das Autofahren nicht wirklich Spaß. Ein recht teurer Spaß ist so ein Carsharing-Fahrzeug auch, rechnet man noch die Kosten für die Bahnfahrt von und nach Frankfurt hinzu, wird so ein Wintersport-Tag schnell zum kleinen Luxustrip.

Und ein Nabu-Haus mitten im Naturschutzgebiet und Unesco-Biospährenreservat Hessische Rhön, das nur mit dem klimaschädlichen Privat-Pkw erreichbar ist, ist einfach ein ganz schlechter Witz!

Wenn sich ein Linienbus nicht rechnet, könnte man eine Rufbuslinie einrichten oder ein Anrufsammeltaxi. Das Verkehrschaos, das an schönen Winterwochenenden rund um das Rote Moor regelmäßig entsteht, zeigt, dass hier dringend Handlungsbedarf besteht. Wie wäre es zum Beispiel, die Tagesparkgebühr am Roten Moor von 2 auf 5 Euro zu erhöhen und mit dem eingenommenen Geld ein öffentliches Verkehrsangebot zu finanzieren?